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1. Beschreibende und lehrende Prosa - S. 516

1889 - Freiburg im Breisgau : Herder
516 C. Musteraufsätze für Schüler. 2. Hintergrund desselben: a) Thatsachen; b) Zustände. Ii. Wegen seiner Form. 1. Anlage; 2. Sprache; 3. Versform. 0. Zusammenfassung. Ausführung. Der römische Geschichtschreiber Tacitus erzählt uns in dem Buche über Land und Leute des alten Germaniens unter anderem, daß die alten Deutschen bei allen wichtigen Begebenheiten des Lebens ihren Empfin- dungen einen poetischen Ausdruck gegeben hätten. An Stoff zum Singen konnte es ja bei dem Thatendrange und der Unternehmungslust unserer Vorfahren und vor allem bei den großen Heereszügen zur Zeit der Völker- wanderung nicht fehlen, und selbst ohne das Zeugnis der Römer können wir aus vereinzelten Zügen der spätern Dichtung, aus dem Reichtume und der Form der deutschen Eigennamen und aus dem Ausdrucke deutscher Rechtsformeln, die sich bei aller Beweglichkeit des äußern Lebens wie ein fester Besitz von Vater auf Sohn vererbten, den Schluß ziehen, daß es den Germanen an einer reichen und lebhaften Phantasie, dem Haupt- werkzeuge der dichterischen Mnse, nicht gefehlt hat. Leider ist von dem reichen Liedersegen, der aus so günstigen Verhältnissen mit Notwendigkeit erblühen mußte, sozusagen nichts übrig geblieben. Der einzige nennens- werte Nest ist das „Hildebrandslied", das uns durch einen mehr als ge- wöhnlichen Zufall, aber ebenfalls als Bruchstück, überliefert worden ist. Eine nähere Betrachtung dieses Liedes, das schon wegen seines Alters ehrwürdig erscheint, wird ergeben, daß wir an demselben ein Kleinod ersten Ranges besitzen, und daß es aus mehr als bloß chronologischen Gründen an der Spitze der deutschen Litteraturgeschichte zu stehen verdient. Der Stoff des Liedes ist dem ostgotischen Sagenkreise entnommen. Die darin auftretenden Personen sind der in der deutschen Sage so sehr gefeierte alte Recke Hildebraud, der auch in anderen bedeutsamen Erzeug- nissen deutscher Dichtung, besonders im „Nibelungenliede", eine hervor- ragende Rolle spielt, und sein heldenhafter Sohn Hadubraud. Die Schick- sale beider Personen bis zu ihrem in dem Liede geschilderten Zusammen- treffen erregen nicht allein deswegen unsere Teilnahme, weil sich in ihnen der gewöhnliche Gang des damaligen Heldeulebens wiederspiegelt, sondern auch, weil uns darin rührende, allgemein menschliche Verhältnisse in einem
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