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1. Dichtung des Mittelalters - S. 17

1903 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 5. Die Poesie unter dem Einflüsse der Geistlichkeit. 17 Weniger episch gehalten als der Heliand, zumal da viele lyrische und didaktische Stellen mit Mahnungen und moralischen Betrachtungen eingefügt sind, kennt das Gedicht, welches auch Krist (Christ) genannt wird, keine heidnische, sondern nur mehr christliche Anschauung, wie es auch in aus- gesprochenem Gegensatz zum laicorum cantus gedichtet ist. Das Ludwigslied, auf den Sieg Ludwigs Iii. von Westfranken über die Normannen bei Saucourt 881 mutmaßlich vom Mönche Hucbald1 2 im flandrischen Kloster St Amand in vierhebigen gereimten Versen ver- faßt, ist das einzige bedeutendere Gedicht weltlichen Inhalts aus jener Zeit. Das 10. Jahrhundert, in welchem die lateinische^Sprache, vor- dem schon in Kirche und Schule eingebürgert, unter den Ottonen auch Hof- und Staatssprache wurde, ließ die Nationale Sprache und Dich- tung fast ganz^ zu Gunsten der lateinischen zurücktreten. So verherrlichte die Nonne Roswitha von Gandersheim in gewandten lateinischen Hexametern die Gründung des Klosters und die Taten Ottos des Großen und schrieb nach dem Muster des römischen Dichters Terenz, den sie zu verdrängen suchte, sechs lateinische Komödien, deren Inhalt christliche Legenden sind. Um 930 behandelte der Mönch Ekkehard 1.3 zu St Gallen 4 (st 973) in 1445 lateinischen Hexametern sogar einen echt deutschen, dem burgundisch-hunnischen Sagenkreise angehörenden Stoff, den Waltharius manu sortis (Walther Starkfaust und Hildgund), der in lateini- schem Gewände ein treuer Spiegel altgermanischen Helden- lebens ist. Der Hunnenkönig Etzel (Attila) läßt in seinem Reiche das Heerhorn blasen, um gegen Worms in Franken zu ziehen. Hier gibt ihm der König Gibich, bangend vor der Übermacht der Feinde, als Pfand des Friedens seinen Vetter, den hoch- gemuten jungen Hagen, samt vielen Schätzen. In ähnlicher Weise unterwirft sich dem 1 Nach anderer Ansicht ist Hucbald wahrscheinlich nur der Schreiber, nicht der Dichter des Liedes gewesen. 2 Gegen Ausgang des 10. Jahrhunderts finden wir die deutsche Sprache im Kloster zu St Gallen gepflegt. Namentlich verdient als Übersetzer und Kommentator Anerkennung Notker, mit dem Beinamen Labeo (der Großlippige) oder Teu- tonikus, wie er nach seinem Tode wegen seiner deutschen Schriften genannt wurde. Besonders wichtig ist seine Psalmenübersetzung. s Ekkehards I. Werk wurde von seinem Lehrer, dem Mönche Geraldus, über- arbeitet und von Ekkehard Iv. (f um 1060) in die uns vorliegende Gestalt gebracht. * St Gallen und Fulda waren damals die berühmtesten deutschen Kloster- schulen, wichtig als Kultur- und Bildungsstätten des ganzen deutschen Vaterlandes (vgl. Freytags Ahnen Iii: „Nest der Zaunkönige"). Hense, Lesebuch. I. 4. Ausl. 2
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