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1. Dichtung des Mittelalters - S. 137

1903 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 15. Blüte des Kunstepos, von 1180 bis 1230. 137 zurück vor den Forderungen der ritterlichen Sitte, der ganzen höfischen Weise; „die Gestalten der Geschichte und Sage sind innerlich und äußerlich umgewandelt zu Gebilden des Rittertums". Die Darstellung des Stoffes, entsprechend der Auffassung des dem glänzenden Ritterstande angehörenden Dichters und entsprechend dem Hörerkreise von stattlichen Rittern, holden Frauen und anmutigen Jung- frauen in prächtigen Sälen, ist glänzend und schillernd in immer neuen Reizen. Daher das bunte Malen und breite Schildern, daher die vielen Bilder und Gleichnisse, daher die Einmischung von Betrachtungen über das Erzählte. Der Dichter tritt mit seiner Subjektivität, mit seiner ganzen Individualität, auch mit seinem Namen in den Vordergrund; er sucht nicht durch kunstlos einfachen Stoff, sondern durch den Schmuck und die Zierden, mit welchen er denselben ausstattet, anzuziehen und zu fesseln. Dieses Streben bringt ihn auch dahin, einen Wortschatz zu bilden, der durch starke Einmischung fremdländischer Ausdrücke nicht selten undeutschen Anflug erhält. Einfach ist dagegen die metrische Form, in welcher diese Epen ge- schrieben sind: die sog. Reimpaare, welche, durch Teilung der althoch- deutschen Langzeile entstanden, aus Versen mit drei oder vier Hebungen be- stehen, je nachdem die Reime klingend (weiblich) oder stumpf (männlich) sind. 8 15. Blüte des Kunstepos, von 1180 bis 1230. Die Blüte der höfischen Dichtung bekundet sich durch Vollkommen- heit des Versbaues und durch die Reinheit des Reimes, sowie durch edles, klangvolles Mittelhochdeutsch; dazu sind die Dich- tungen, entgegen vielfacher Regellosigkeit der Werke der Vorbereitungszeit, von einer leitenden Idee durchzogen und zeigen eine in sich abgeschlossene Einheit. Den Stoff entnehmen die Dichter meistens französischen Werken, jedoch nur den Stoff als solchen, während die Behandlungs- weise deutsch ist. So rühmt Gottfried von Straßburg über Hartmann von Aue: ahi (ei), wie der diu maere (den einfachen Sagenstoff) beid’ uzen unde innen mit Worten und mit sinnen (mit poetischem Aus- drucke und mit geistreicher Auffassung und Behandlung) durchvärwet und durchzieret. Richtig sagt daher Benecke: „Man denke sich diese Dichter nur nicht als Übersetzer nach heutiger Weise. Weder Kenntnis fremder Sprachen noch Fertigkeit im Lesen und Schreiben dürfen wir, der Regel nach. bei einem Ritter des 13. Jahrhunderts voraussetzen. Wer eine Aventiure dichten wollte, ließ sich dieselbe erzählen, faßte sie treu in das
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