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1. Dichtung des Mittelalters - S. 221

1903 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 27. Die Zeit des Verfalles der Poesie. 221 auf das Praktische, das Materielle gerichtet war, so konnten, zu- mal bei der geringen Bildung der Bürger, auch nur das enge Gebiet der alltäglichen Wirklichkeit oder Stücke ans der Bibel Gegenstand ihrer Dichtung sein, den die meistens mühsame Künstelei der Form nicht zu heben vermochte. So fehlte zunächst der Stoff für ein Volksepos; das, was aus dem Gebiete des Epos geleistet wurde, war lediglich eine geistlose Über- arbeitung der alten Heldengedichte (z. B. das Heldenbuch des Kaspar von der Roen um 1472). Nur finden wir eine Anzahl epischer, meist historischer Volkslieder, in denen frische Natürlichkeit, wirklich poetischer Geist sich erhalten hat, so außer mehreren balladenmäßigen Dichtungen namentlich die Lieder, welche aus die bei Sempach (1386), bei Granson und Murten (1476) erfochtenen glänzenden Siege gedichtet wurden. Das Tierepos erfreute sich einer neuen Bearbeitung, und zwar einer niederdeutschen. Der ersten deutschen Bearbeitung der Tiersage durch Heinrich den Glichesäre (S. 31) war um 1250 durch Willem de Matoc eine flämische Bearbeitung nach französischem Vorbilde unter dem Titel Höinuerb gefolgt. Dieses vorzügliche Werk war im 14. Jahr- hundert von einem geringeren Dichter fortgesetzt und im 15. durch Hinrik von Alkmar einer Umarbeitung unterzogen worden. Gegen Ende des- selben Jahrhunderts übertrug sie ein Unbekannter in das Niederdeutsche unter dem Titel: Reineke de Vos (Reineke der Fuchs), gedruckt zu Lübeck 1498. Eingang. It geschah up einen pinxten- dach, dat men de wolde unde velde sach grone stän mit lös unde gras, und mannich vogel vrolik was mit sänge in hagen unde up bomen; de krude sproten unde de blomen, de wol roken hir und dar; de dach was schone, dat weder klär. Nobel, de konnink van allen deren, heit hof unde let den ütkreieren sin lant dorch over al. dar quemen vele heren mit grotem schal, ok quemen to hove vele stolter gesellen, Es war an einem Psingstentag Der Mai auf Wald und Wiesen lag; Es grünte Laub und Gras hervor; Die Vöglein all im hellen Chor Auf Hecken und auf Bäumen sangen; Die Kräuter und die Blumen sprangen Und gaben wundersüßen Duft; Der Tag war schön und klar die Luft. Der König von den Tieren allen, Nobel, hielt Hof und ließen er- schallen Den Ruf durchs Land allüberall. Da kamen Herren viel mit Schall, Stolze Gesellen allzumal.
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