1908 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Führer, Anton, Hense, Joseph
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Inhalt: Zeit: Neuzeit
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Sechste Periode, von 1624—1748.
Lied der Freundschaft.
Der Mensch hat nichts so eigen,
So wohl steht nichts ihm an,
Als daß er Tren erzeigen
Und Freundschaft halten kann,
Wenn er mit seinesgleichen
Soll treten in ein Band,
Verspricht sich, nicht zu weichen.
Mit Herzen, Mund und Hand.
Die Red' ist uns gegeben.
Damit wir nicht allein
Für uns nur sollen leben
Und fern von Leuten sein;
Wir sollen uns befragen
Und sehn auf guten Rat,
Das Leid einander klagen,
So uns betreten hat.
Was kann die Freude machen,
Die Einsamkeit verhehlt?
Das gibt ein doppelt Lachen,
Was Freunden wird erzählt.
Der kann sein Leid vergessen,
Der es von Herzen sagt:
Der muß sich selbst auffressen,
Der insgeheim sich nagt.
Gott stehet mir vor allen.
Die meine Seele liebt:
Dann soll mir auch gefallen.
Der mir sich herzlich gibt.
Mit diesen Bunds-Gesellen
Verlach' ich Pein und Not,
Geh' aus den Grund der Höllen
Und breche durch den Tod.
Ich hab', ich habe Herzen
So treue, wie gebührt,
Die Heuchelei und Scherzen
Nie wissentlich berührt!
Ich bin auch ihnen wieder
Von Grund der Seele hold;
Ich lieb' euch mehr, ihr Brüder,
Als aller Erden Gold.
Andreas Gryphius, geb. 1616 zu Glogau, gest. 1664 daselbst
als Syndikus, ist nicht bloß lyrischer, sondern vorzugsweise dramatischer
Dichter. Er hat jedoch größere Bedeutung durch seine mit derber Wahr-
heit, frischem Humor und Naivetät geschriebenen Lustspiele als durch
seine meist grauenvolle Stoffe behandelnden Tragödien. Die wichtigsten
seiner Lustspiele sind: „Horribilicribrifax", in welchem er sich
gegen die gesellschaftlichen Mißstände und die Sprachmengerei der Zeit des
Dreißigjährigen Krieges wendet, und „Peter Squenz", eine Satire gegen
die Volksschauspiele, die in ihrem Kerne auf das Zwischenspiel „Pyramus
und Thisbe" in Shakespeares „Sommernachtstraum" zurückweist. Andreas
Gryphius steht der ersten schlesischen Schule schon ferner.
Hatten die Dichter der ersten schlesischen Dichterschule vorzugs-
weise nach „Reinlichkeit" der Sprache und des Verses gestrebt, so suchten
die der zweiten, welche besonders das Drama und den Roman pflegte,
im Gegensatze zu dieser trockenen Richtigkeit nach einer „Lieblichkeit" des
Ausdrucks, die sie namentlich durch Häufung von „durchdringenden, löb-
lichen" Beiwörtern (d. h. durch einen unnatürlichen Schwulst) zu er-
reichen wähnten. Die Vertreter dieser Schule, Christian Hoffmann
von Hoffmannswalpau (1618—1669) und Kaspar von Lohen-
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