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1. Dichtung der Neuzeit - S. 63

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 16. Oden und Lieder von Klopstock. 63 Und unerforschlichsten ist: Er hat zu sterben beschlossen! Ach, nun reißt sie von neuem mir auf, die Wund' in der Seele! Deine Gespräche von Gott bedeckten sie leise; nun reißt sie Wieder auf und blutet, die tiefe Wunde! Dich segne Gott, ja Abrahams Gott, er segne dich! Aber, o wende Dies dein weinendes Auge von mir! Es tröstet umsonst mich. 230. Denn er beschloß zu sterben und stirbt!" Die Stimme verließ sie. Lange standen sie beide mit weggewendetem Antlitz. Endlich, wie ein Sterbender sich noch einmal zum Freunde Kehrt, sprach Portia noch: „O du, du teu'rste der Mütter! Mutter, ich geh' und weine mit dir bei dem Grabe des Toten!" — § 16. 2. Klopstocks Oden und Lieder. Bedeutender als im „Messias" erscheint Klopstock in den Oden, die erfüllt sind von christlichem und echt deutschem Geiste. In ihnen, die nach Herders Wort so recht „eine Poesie des Herzens und der Emp- findung" sind, entfaltet er inhaltlich den höchsten Schwung seiner Lyrik und bekundet äußerlich eine reiche metrische Kunst. Treffend sagt Herder in seiner Rezension der Oden (1798): „Klopstocks Oden sind erstlich Gesang. Also erhebe man die Stimme und lese sie vor, auch wenn man sie sich selbst liefet. Kaum hat unsere Sprache ein Buch, in dem so viel lebendiger Wohllaut in melodischer Bewegung so leicht und harmonienreich tönet wie in diesem. Zweitens hat im großen Umfange der dargelegten Ansichten und Empfindungen jeder Gegenstand seine Farbe, jede Empfindung ihren Ton, jede Situation ihre Haltung, so daß kein Stück dem andern gleich ist. Drittens werden Klopstocks Gedichte durch edle Gesinnungen charakterisiert. Seine jugendlichen Gesänge hauchten eine jugendlich paradiesische Liebe; mit dem Händedruck der männlichen Freundschaft schlossen sich andere dem Leser ans Herz; andere belebte Religion und eine heitere Weisheit. Die aus dem reiferen Alter des Dichters verleugnen ihre jüngeren Schwestern nicht; der süße Most ist guter alter Wein geworden, im goldenen Becher deutscher Treue mit griechischen Rosen umlaubt; es herrschen in ihnen die Gesinnungen der Vaterlands- liebe, Menschlichkeit und Weisheit." Der Inhalt bezieht sich auf Gott, Natur, Liebe, Freund- schaft, Vaterland und Literatur. Ihren Grundton bildet reli- giöse Begeisterung. Erhabene Gedanken und kühne Bilder fesseln den Leser, der die Mühe nicht scheut, sich in dieselben zu vertiefen. Mag auch der Flug der Phantasie den Dichter oft zu überraschenden Sprüngen
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