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1. Dichtung der Neuzeit - S. 64

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
64 Siebte Periode oder zweite Blüteperiode, von 1748 ab. und Abschweifungen führen und ihn in Sphären fortreißen, in die wir nicht folgen können; mag auch die Überschwenglichkeit seiner Gefühle ihn namentlich in den Freundschaftsoden zu einem rhetorischen Pathos, zu unnatürlicher Schwermütigkeit und süßlicher Sentimentalität verleiten, die oft in schaurige Todesgedanken überfließt; mag er auch in den vater- ländischen Oden, die von warmer Begeisterung für das deutsche Heimat- land durchhaucht sind, an die Stelle wohlbekannter Gestalten des antiken Mythus unverständliche nordische Gottheiten setzen, die er selbst kaum kannte; mag auch die Sprache teils im Streben, dem hohen Fluge der Gedanken sich anzubequemen, teils im Zwange der der deutschen Sprache fremden Versmaße nicht selten anstößige Härten zeigen und zu unnatür- lichen und gezwungenen Wendungen greifen: die Großartigkeit und Majestät seiner Gedanken, die kühne Erhabenheit seiner Bilder, der weihevolle, edle Inhalt, im Gegensatze zu der Tändelei und der Inhaltslosigkeit der meisten Dichtungen der vorhergehenden Perioden, der christliche und echt deutsche Charakter, der würdevolle, meist schwunghafte Ausdruck werden uns über solche Mängel um so leichter hinwegsehen lassen, wenn wir des anregenden und begeistern- den Einflusses gedenken, den diese Dichtungen auf die Mit- und Nach- welt ausübten. Freilich haben nicht alle Oden denselben Wert, geht es doch auch hier dem Dichter wie im „Messias": die Oden der späteren Jahre werden schwächer, werden dunkel und unverständlich, da rhetorischer Wortschwall an die Stelle des erhabenen Gedankenfluges tritt, und die Sprache unnatürlich und geschraubt wird. Die Oden sind teils in frei gebildeten Versmaßen, teils in antiken Strophenarten geschrieben, wie in der sapphischen, der alkäischen und den asklepiadeischen Strophen. In einseitiger Auffassung verschmähte Klopstock den Reim und brachte ihn nur in seinen Kirchenliedern zur Anwendung. Aber wenn diese fremden Versmaße sich auch nie in unsere Sprache ein- bürgern konnten, und der Reim mit Unrecht von Klopstock verworfen wurde, so hat er sich doch große Verdienste um die deutsche Sprache er- worben, wie Vilmar in folgenden Worten sagt: „Es wird niemand zu leugnen im stände sein, daß Klopstock durch diese reimfreien Verse uns von dem seelenlosen, handwerksmäßigen Klingen und Klappern mit Reimen, von dem toten Formalismus, in welchen unsere Poesie versunken war, frei gemacht und uns die Richtung auf große Gedanken, als das den Vers Erfüllende und die Dichtung eigentlich Erzeugende, auf große Ge- danken, die mehr sind als die Versform und der herkömmliche Reimklang, auf eine edle, erhabene und wahrhaft dichterische, nicht durch den bloßen Reimklang und hallenden Verston getragene Sprache mit
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