1908 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Führer, Anton, Hense, Joseph
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Inhalt: Zeit: Neuzeit
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Siebte Periode oder zweite Blüteperiode, von 1748 ab.
Schrecknisse der französischen Revolution seinen früheren freisinnigen Ideen,
durch welche er in seinem Jünglingsalter in republikanischer Schwärmerei
der grimmigste Tyrannenhasser geworden war, völlig entsagt hatte, trat er
in Münster, wo er in freundschaftlichem Verkehr mit der hochbegabten Fürstin
von Gallitzin stand, zum Katholizismus über, weshalb er von Voß bis zu
seinem Tode heftig befehdet wurde. Er starb 1819 auf seinem Gute
Sondermühlen bei Osnabrück.
Durchdrungen von religiösem Sinne, entflammt für Freiheit und
Vaterland, ausgestattet mit reicher Phantasie, ausgezeichnet durch
Wohllaut der Sprache, war er ein begeisterter Verehrer Klopstocks, dem
er in fast allen Richtungen nachfolgte. Die patriotische Richtung schlug
er ein in einer Anzahl von Oden, Hymnen, Liedern (allbekannt sind: Lied
eines deutschen Knaben: „Mein Arm wird stark und groß mein Mut",
Lied eines alten schwäbischen Ritters an seinen Sohn: „Sohn, da hast du
meinen Speer") und Romanzen, in denen er auf das deutsche Mittelalter
zurückgriff. Die antike Richtung bekundete er in seinen freilich verfehlten
Dramen, in Übersetzungen des Äschylus, Sophokles und der Ilias und in
der Anwendung antiker Versmaße. Die christliche Richtung verfolgte er
namentlich in seinen prosaischen Schriften: „Leben Alfreds des Großen"
und „Geschichte der Religion Jesu Christi" (in 15 Bänden), die von dem
Hauche innerer Überzeugung und warmer Liebe durchzogen sind.
1. Die Grenze.
(Den 29. Januar 1814.)
Du Grenze? Nein, nicht Grenze, du alter Rhein!
Du Lebensblut dem Herzen Teutoniens
Entströmend, beiden Ufern Segen
Spendend und hohes Gefühl und Freude!
Du deutscher Urart, mächtiger Rhein! Dein Strom
Ist groß und hehr, nicht rauschend dem Ohre, schnell
In stiller Eile, deine Wirbel
Sprudeln nicht auf und sind unaufhaltsam.
Sind tief wie Meer, wie Gottes Geschosse schnell
Und kraftvoll, doch befreundet dem flachen Floß,
Das, deinen Wogen sich vertrauend.
Fülle des Landes den Städten zuführt.
Als Gott der Herr die Feste von Fluten schied
Und Inseln aus der Tiefe sich heben hieß
Und Quellen aus dem Schoß der Berge
Rief und dem Ozean Grenze stellte,