1908 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Führer, Anton, Hense, Joseph
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Inhalt: Zeit: Neuzeit
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Achte Periode.
Er spritzt in ungezählten Strahlen
Sein inneres Leben in die Welt,
Die Freude nippt aus seinen Schalen
Und bleibt ihm ewig zugesellt.
Er nahm, als Geist der goldnen Zeiten,
Von jeher sich des Dichters an,
Der immer seine Lieblichkeiten
In trunknen Liedern aufgetan.
2. August Wilhelm von Schlegel (1767—1845).
August Wilhelm von Schlegel, geb. zu Hannover 1767, kenntnis-
reich und formgewandt, ist weniger bedeutend durch seine Lieder, Sonette,
Romanzen („Arion") und seine Tragödie „Jon", die nach Goethes
„Iphigenie", aber ohne Goethes Geist angelegt ist, als durch die meister-
hafte, genau „die feine Mittellinie zwischen der Treue gegen das Original
und der Treue gegen das einheimische Sprach- und Formgesetz" inne-
haltende Übersetzung Caldera ns und Shakespeares, welche letztere
Ti eck s Tochter und Graf Baudissin vollendeten, durch seine „Blumen-
sträuße der italienischen, spanischen und portugiesischen Poesie" und namentlich
durch seine „Vorlesungen über dramatische Kunst und Literatur". Durch
diese wurde er in seiner kritischen Schärfe und seinem feinen Geschmack
der eigentliche Ästhetiker der romantischen Schule. Gemeinschaftlich mit
seinem Bruder Friedrich gab er in Jena (1798—1801) als das Organ
der romantischen Schule das „Athenäum" heraus. Von 1804 an war
er Freund und Reisebegleiter der von Napoleon verbannten französischen
Schriftstellerin Frau von Staäl; 1818 wurde er als Professor der Kunst-
geschichte und Literatur nach Bonn berufen, wo er nach eifrigem Studium
der indischen Literatur 1845 starb. 1
1. 3tt der Fremde.
Oft hab' ich dich rauh gescholten,
Muttersprache, so vertraut!
Höher hatte mir gegolten
Südlicher Sirenenlaut.
Und nun irr' ich in der Ferne
Freudenlos von Ort zu Ort,
Und vernahm', ach! wie so gerne.
Nur ein einzig deutsches Wort!
Manches regt sich mir im Innern,
Doch wie schaff' ich hier ihm Luft?
All mein kindliches Erinnern
Findet in mir seine Gruft.
Einsam schweif' ich in die Felder,
Such' ein Echo der Natur,
Aber Bäche, Winde, Wälder
Rauschen fremd auf dieser Flur.
Unverstanden, unbeachtet,
Wie mein deutsches Lied verhallt.
Bleibt es, wenn mein Busen schmachtet
Und in bangem Sehnen wallt.