Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Dichtung der Neuzeit - S. 303

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
44. Nachklänge der Romantik, v. Chamisso. 303 Sie hat gespart und hat gesonnen Und Flachs gekauft und nachts gewacht Und Flachs zu feinem Garn gesponnen, Das Garn dem Weber Hingebracht; Der hat's gewebt zu Leiuewand; Die Schere brauchte sie, die Nadel Und nähte sich mit eigner Hand Ihr Sterbehemde sonder Tadel. Ihr Hemd, ihr Sterbehemd, sie schätzt es. Verwahrtes im Schrein am Ehrenplatz; Es ist ihr erstes und ihr letztes, Ihr Kleinod, ihr ersparter Schatz. Sie legt es an, des Herren Wort Am Sonntag früh sich einzuprägen; Dann legt sie's wohlgefällig fort, Bis sie darin zur Ruh' sie legen. Und ich, an meinem Abend, wollte, Ich hätte, diesem Weibe gleich, Erfüllt, was ich erfüllen sollte. In meinen Grenzen und Bereich; Ich wollig ich hätte so gewußt Am Kelch des Lebens mich zu laben, Und könnt' ani Ende gleiche Lust An meinem Sterbehemde haben. 4. Die Lreustchau. Der Pilger, der die Höhen überstiegen, Sah jenseits schon das ausgespannte Tal In Abendglut vor seinen Füßen liegen. Auf duft'ges Gras, im milden Sonnenstrahl Streckt er ermattet sich zur Ruhe nieder. Indem er seinem Schöpfer sich befahl. Ihm fielen zu die matten Augenlider, Doch seinen wachen Geist enthob ein Traum Der irdischen Hülle seiner trügen Glieder. Der Schild der Sonne ward im Himmelsraum Zu Gottes Angesicht, das Firmament Zu seinem Kleid, das Land zu dessen Saum. „Du wirst dem, dessen Herz dich Vater nennt. Nicht, Herr, im Zorn entziehen deinen Frieden, Wenn seine Schwächen er vor dir bekennt. „Daß, wen ein Weib gebar, sein Kreuz hienieden Auch duldend tragen muß, ich weiß es lange; Doch sind der Menschen Last und Leid verschieden. „Mein Kreuz ist allzu schwer; sieh, ich verlange Die Last nur angemessen meiner Kraft; Ich unterliege, Herr, zu hartem Zwange." Wie er so sprach zum Höchsten kinderhast, Kam brausend her der Sturm, und es geschah, Daß aufwärts er sich fühlte hingerafft. Und wie er Boden faßte, fand er da Sich einsam in der Mitte räum'ger Hallen, Wo ringsum sonder Zahl er Kreuze sah.
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer