1908 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Führer, Anton, Hense, Joseph
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Inhalt: Zeit: Neuzeit
- Geschlecht (WdK): Jungen
§ 47. Uhlands Werke. — Seine Lieder.
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eine Poesie, die nur die individuellen Empfindungen ausspricht, habe ich
nie Sinn gehabt. Im Volke mußte es wurzeln, in seinen Sitten, seiner
Religion, was mich anziehen sollte. Dem deutschen Volke galt mein Studium
von meiner frühen Jugend an. Meine Gedichte sind in der Liebe zu ihm
gewurzelt." So ist der hervorragendste Charakter seiner Lieder Volks-
tümlichkeit in schlichter Einfachheit und klarer Anschaulichkeit und Wahr-
heit in Gedanken und im Ausdruck. Zart und rein, frei von aller
Künstelei, getragen von frommem Gottvertrauen, durchdrungen
von frischem, fröhlichem Lebensmut, sind sie in das Herz des
Volkes gedrungen, sind zum Teil, wie „Der gute Kamerad", „Der Wirtin
Töchterlein", geradezu Volkslieder im besten Sinne des Wortes und vielfach
Gegenstand der musikalischen Komposition unserer bedeutendsten Musiker
geworden, wie eines Silcher, Kreutzer, Schumann, Mendelssohn. Den
Inhalt derselben gibt Uhland selbst an mit den Worten:
„Ich sang in vorigen Tagen
Der Lieder mancherlei,
Von alten, frommen Sagen,
Von Minne, Wein und Mai."
Namentlich ist es der Mai und mit ihm der ganze Frühling, der
den Dichter in gemütvoller, inniger Naturanschauung zu den seelenvollsten
Liedern begeistert. Dabei vergißt er zur Zeit der Not des bedrängten Vater-
landes nicht; denn gleich den patriotischen Freiheitssängern weiß er seiner
tiefen Liebe für das gute alte Recht und die nationale Freiheit
des Vaterlandes in kräftiger Sprache Ausdruck zu geben. I.
I. Frühtingstieder.
a) Ikrühlingsahnurrg.
O sanfter, süßer Hauch!
Schon weckest du wieder
Mir Frühlingslieder.
Bald blühen die Veilchen auch.
I») Krühlingsglaubc.
Die linden Lüfte find erwacht.
Sie säuseln und weben Tag und Nacht,
Sie schaffen an allen Enden.
O frischer Duft, o neuer Klang!
Nun, armes Herze, sei nicht bang!
Nun muß sich alles, alles wenden.
Die Welt wird schöner mit jedem Tag,
Man weiß nicht, was noch werden mag,
Das Blühen will nicht enden.
Es blüht das fernste, tiefste Tal:
Nun, armes Herz, vergiß der Qual!
Nun muß sich alles, alles wenden.
e) Krühlingsruhe.
O legt mich nicht ins dunkle Grab,
Nicht unter die grüne Erd' hinab!
Soll ich begraben sein,
Legt mich ins tiefe Gras hinein.
In Gras und Blumen lieg' ich gern,
Wenn eine Flöte tönt von fern,
Und wenn hoch obenhin
Die Hellen Frühlingswolken ziehn.