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1. Dichtung der Neuzeit - S. 392

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
392 Neunte Periode. Neunte Periode. 8 52. Das junge Deutschland. Als im Jahre 1830 die französische Juli-Revolution die Herrschaft der Bourbonen und damit die Reaktion in Frankreich gestürzt hatte, zeigte sich auch im deutschen Volke unter Hebung des Nationalbewußtseins eine mehr und mehr sich steigernde Gärung. Die Bewegung richtete sich zunächst gegen das Metternichsche System, gegen die Zensur, die Unterdrückung der öffentlichen Meinung und gegen die politische Zerrissenheit des Vaterlandes. Begabte junge, aber politisch noch nicht reife Männer, das sog. junge Deutschland, griffen in ihrem Sturmesdrange nicht allein den Klassizismus und die Romantik, sondern bald auch die Religion, Zucht und Sitte und die bürgerliche Ordnung an. Pessimistisch angelegt und absoluter Freiheit huldigend, entlehnten sie ihre Stoffe mit Vorliebe der Gegenwart und dem Volksleben. Führer der Bewegung wurden zwei zum Christentum übergetretene Juden, Ludwig Börne (Löb Baruch, 1786—1837) aus Frankfurt a. M., der von Paris aus gegen die Bedrückung des deutschen Volkes durch Zensur und Tyrannei der Fürsten auftrat, und Heinrich Keine (1799—1856). Heinrich Heine, von jüdischen Eltern am 13. Dezember 1799 zu Düsseldorf geboren, widmete sich der Rechtswissenschaft und trat zum Christen- tum über, ohne christliche Gesinnung und Gesittung anzunehmen. Voll Bewunderung des französischen und voll Verachtung des deutschen Wesens ging er 1831 nach Paris, wo er vorwiegend der Prosa und den Tages- fragen sich zuwandte und nach einer langjährigen, schmerzvollen Krankheit am 17. Februar 1856 starb. Von einer geradezu dämonischen Zer- setzungslust getrieben, liebte er gemeine Frivolität und übergoß oft das Heiligste mit Spott und Hohn („Vergiftet sind meine Lieder, wie könnt' es anders sein?"), so daß er selbst das Vaterland und das Christentum zur Zielscheibe bitterer Satire und frechen Witzes und Haffes machte. Zu- gleich wurde er der Dichter des sog. Weltschmerzes, einer krankhaften, unzufriedenen Stimmung über die Verhältnisse des Lebens, die bei vielen Dichtern eifrige Nachahmung fand. Im übrigen ist er jedoch einer unserer bedeutendsten Lyriker, ausgezeichnet gleich Goethe, Eichendorff und Uhland durch Wärme der Empfindung, Objektivität, sachliche Volkstümlichkeit und glatte Form, Eigenschaften, welche einen Silcher,
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