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1. Handbuch für den deutschen Unterricht in den oberen Klassen der Gymnasien - S. 137

1872 - Köln : DuMont-Schauberg
Fünfte Periode. Vorbildung der neuen Stoffe und Formen. 1625—1725. Die Zeit der Schule. Poesie bei den Gelehrten. Gelehrte Sprachmischung und Sprachreinigung, gelehrte Nachahmung und gelehrtes Verderbniß. Altclassisches Studium. Neuere Metrik. (In den folgenden Stücken ist gleichmäßige Orthographie gehalten! nur beispielshalber bei einigen nicht ) Friedrich von Spee. Geb. 1591 zu Kaiserswerth bei Düsseldorf, wurde zu Köln 1610 Jesuit, wirkte später an verschiedenen Orten (Paderborn, Würzburg, Hildesheim, Trier) als Priester und Lehrer, erhob sich 1631 mit Kraft gegen die Heren- proceffe in seiner Oautlo criminalis, und starb zu Trier 1635. Werke: „Trutznachtigall", eine Sammlung von geistlichen Liedern, erst nach seinem Tode 1649 gedruckt; und „goldenes Tugendbuch", ein Erbauungsbuch mit eingestreuten Gedichten. Spee hat nichts mit der Steifheit der Gelehrten-Poesie gemein; er steht einzig da; seine Poesie ist, was sie sein soll: reiner Erguß des Gemüthes und unmittelbar lebendige Anschauung. Nur von dem gelehrten Mythologischen und Idyllischen blieb er nicht frei; seine Sprache hat viel Provincielles. Gedichte, wie Franz Taver und Christus am Oelberg sind nach Anlage und Durchführung den vollendetsten Goethe'schen Balla- den zur Seite zu stellen; und das Gedicht von der h. Dreifaltigkeit zeigt, wie der Dichter auch das Abstractcste zu gestalten und die gefährlichsten Klippen zu durchfahren wußte. Vorredezur Trutznachtigall. Trutznachtigall wird dies Büchlein genannt, weiln es trutz allen Nachtigallen süß und lieblich singet, und zwar aufrichtig poetisch, also, daß es sich auch wohl bei guten Latei- nischen und anderen Poeten dürft hören lassen. Daß aber nicht allein in Lateinischer Sprache, sondern auch sogar in der Teutschen man recht gut poetisch reden und dichten könne, wird man leicht aus diesem Büchlein abnehmen mögen, und merken, daß es nicht an der Sprach, sondern vielmehr an den Personen, so es einmal auch in der Teutschen Sprache wagen dürfen, gemangelt habe. Derohalben habe ich solchen zu Helfell unterstanden, und beflissen mich, zu einer recht lieblichen Teutschen Poetica die Bahn zu zeigen, und zur größeren Ehren Gottes einen neuen geistlichen Parnassum oder Kunstberg allgemach anzutreten. Sollt nun solches dem Leser, wie verhoffentlich, Wohlgefallen, so sei Gott zu tausendmal gelobt und gebenedeit; dann ja anders nichts allhie gesucht und begehrt wird, als daß Gott auch in Teutscher Sprach seine Poeten hätte, die sein Lob und Namen ebenso künstlich, als andere in ihren Sprachen singen und verkünden könnten, und also deren Menschen Herz, so es lesen oder hören werden, in Gott oder göttlichen Sachen ein Gnügen und Frohlocken schöpfen. Und zwar die Teutsche Wörter betreffend solle sich der Leser sicher darauf verlassen, daß keines passirt worden, so sich nicht bei guten Autoren finden lasse oder bei guten Teutschen bräuchlich sei, obschon alle und jede Wörter nit bei einer Stadt oder Land zu finden sind, sondern ist das Privilegium oder Vollmacht, Dialekten zu gebrauchen, in Acht genommen. Neben dem ist Fleiß angewendet worden, daß so gar nichts ungleiches, hart, rauh oder gezwungenes je dem Leser zu Ohren komme, wann nur der rechte Schlag und Ton im Ablesen der Versen beobachtet und getroffen wird, welches insonderheit in Acht muß genom- men werden; nämlich in den Sprung-Reim oder -Versen in Teutscher Sprach, die sonsten Trochaische Verse bei den Gelehrten genannt werden; sonsten feind es Jambische Versen: dann dieser Arten sich am meisten in unser Teutscher Sprach fügen. Und werden die Tro- chaische Reim also gelesen wie das Pange lingua gloriosi, wie hie mit Schlägen gezeigt steht; mit den andern hats keine besondere Beschwerniß. Es soll aber der Leser gute Acht geben, daß er im Lesen keinen Buchstaben oder Syllaben zusetze oder auslasse, damit die poetische Zahl und Maß der Versen nicht verändert, und der Schlag und Klang unartig werde. Dann keine Syllabe zu viel oder zu wenig ist, wann nur im Abschreiben oder im Truck nichts verfehlt ist. Darum merke man wohl, ob Exempelweis geschrieben sei: drauf oder daraus, gehn oder gchen k. . . . und dergleichen andere Wörtlein, welche zuweilen eine Syllabe machen und andersmal zwo. Was aber die Quantität, Mensur oder Maß ar Kürze und Länge der Syllaben angeht, wird dieselbe am füglichsten genommen aus
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