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1. Handbuch für den deutschen Unterricht in den oberen Klassen der Gymnasien - S. 631

1872 - Köln : DuMont-Schauberg
Unterschied der redenden und bildenden Künste, besonders der Poesie und Malerei. ß31 mein Blut ist ausgestorben in diesem Hause, ich sterbe unbeerbt." — Bei diesen Worten hörte man vernehmlich, daß Fox, ohne aufzustehen, den Blick vor sich hingesenkt, sagte: Unserer Freundschaft wird das nichts anhaben. — Man lasse es sich von Zeugen beschreiben, wie diese alltäglichen Worte, im Tone einer gewissen Beklemmung und Unsicherheit gesagt, die Versammlung getroffen haben. Fünfhundert Personen waren nunmehr in zwei verwandelt, in Einen vielmehr; ganz England hing an den Lippen dieses Einen Menschen, der mit einer eiskalten Stimme fortfuhr: „Diese Freundschaft ist zu Ende!" — dann aber plötzlich, wie von dem ganzen Feuer seiner Jugend überkommen, Fox und seine Sorgen und seine Jahre ab- schüttelte, die alten, längst entschlafenen Helden der Britischen Freiheit herbeirief, tröstend von der Freiheit sprach, die das Volk dieser unüberwundenen Inseln eigentlich meinte, er, der Ein- same, eine große Partei- aus dem Britischen Alterthum um sich her versammelte, und wie von einer fernen sonnenhellen Zukunft seines Vaterlandes verklärt, die vierstündige Rede beschloß. Es war ein Viertel nach zwei Uhr Morgens; die Versammlung erschrak, als er aufhörte; niemand war zum Reden gefaßt. Fox stand auf, und im Augenblicke war die Todesstille wieder da; ein Strom von Thränen brach ihm aus den Augen; er setzte sich sprachlos nieder. Das Parlament wartete einige Minuten, alle Augen gerichtet auf die beiden Freunde, die stumm einander gegenüber saßen. Man fand es unanständig, nach solchem Ereigniß weiter zu reden; die Sitzung wurde aufgehoben. Adam Müller (S- 622). 76. Unterschied der redenden und bildenden Künste, besonders der Poesie und Malerei. Wenn es wahr ist, daß die Malerei zu ihren Nachahmungen ganz andere Mittel oder Zeichen gebraucht, als die Poesie, jene nämlich Figuren und Farben im Raume, diese aber articulirte Töne in der Zeit; wenn unstreitig die Zeichen ein bequemes Verhältniß zu dem Bezeichneten haben müssen: so können neben einander geordnete Zeichen auch nur Gegenstände, die neben einander, oder deren Theile neben einander exisliren —, auf einander folgende Zeichen aber auch nur Gegenstände ausdrücken, die auf einander, oder deren Theils auf ein- ander folgen. Gegenstände, die neben einander, oder deren Theile neben einander existiren, heißen Körper; folglich sind Körper mit ihren sichtbaren Eigenschaften die eigentlichen Gegen- stände der Malerei. Gegenstände, die auf einander, oder deren Theile auf einander folgen, heißen Handlungen; folglich sind Handlungen der eigentliche Gegenstand der Poesie. Doch alle Körper existiren nicht allein im Raume, sondern auch in der Zeit; sie dauern fort, und können in jedem Augenblicke ihrer Dauer anders erscheinen, und in anderer Ver- bindung stehen. Jede dieser augenblicklichen Erscheinungen und Verbindungen ist die Wirkung einer vorhergehenden und kann die Ursache einer folgenden, und sonach gleichsam das Centrum einer Handlung sein. Folglich kann die Malerei auch Handlungen nachahmen, aber nur an- deutungsweise durch Körper. Auf der anderen Seite können Handlungen nicht für sich selbst bestehen, sondern müssen gewissen Wesen anhangen. In so fern nun diese Wesen Körper sind oder als Körper betrachtet werden, schildert die Poesie auch Körper, aber nur andeutungs- weise durch Handlungen. Die Malerei kann in ihren coexistirenden Compositionen nur einen einzigen Augenblick der Handlung nutzen, und muß daher den reichhaltigsten wählen, aus welchem das Vorher- gehende und Folgende am begreiflichsten wird. Eben so kann auch die Poesie in ihren fort- schreitenden Nachahmungen nur eine einzige Eigenschaft der Körper nutzen, und muß daher diejenige wählen, welche das sinnlichste Bild des Körpers von der Seite erweckt, von welcher sie ihn braucht. Hieraus fließt die Regel von der Einheit der malerischen Beiwörter und der Sparsamkeit in den Schilderungen körperlicher Gegenstände.
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