1877 -
Stuttgart
: Heitz
- Autor: Borberger, Robert, Nösselt, Friedrich
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1832
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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1. Das trochäische Versmaaß. Es eignet sich besonders
zu ernsten und feierlichen Gedichten. Nicht leicht hat man mehr
als fünf Füße in einer Zeile.
Wenn die goldne Frühe, neu geboren,
Am Olymp mein matter Blick erschaut:
Dann erblass' ich, wein' und seufze laut:
Dort im Glanze wohnt, die ich verloren!
Der vierfüßige trochäische Vers findet sich vorzugsweise in
der spanischen Poesie und wird auch nach dem Vorgänge der
deutschen Romantiker von unsern Schicksalstragöden Mül ln er,
Grillparzer, Houwald u. A. in Anwendung gebracht. Der
wahrhaft dramatische Vers aber ist der fünffüßige jambische, den
zuerst die Engländer gebraucht und Blancvers genannt haben.
Auch der jambische Quinär (von quini, je fünf) wird er genannt.
In das deutsche Drama ist er zuerst durch Lessing's Meisterwerk
„Nathan den Weisen" 1779 eingeführt worden. Lessing be-
handelte diesen Vers noch so, daß er ihn der Prosa annäherte.
2. Das jambische Versmaaß ist das am häufigsten
vorkommende:
So schläfst du nun den Todesschlaf im Grabe,
Du großer Held, gefärbt mit schönem Blut'!
Dein Leben war für Tausend Lebensgabe,
Dein Tod erquickt auch Sterbende mit Muth.
Oder:
Willst du dich auf gen Himmel schwingen,
Und hören, was die Engel fingen,
Und hören, was Jehova spricht,
So lies dies himmlische Gedicht.
Es kommen zwei- bis achtfüßige jambischen Verse vor; doch
sind die vier- und fünffüßigen die gewöhnlichsten. Die gereimten
sechsfüßigen nennt man Alexandriner. Sie bestehen aus zwei
gleichen Hälften, so nämlich, daß nach dem dritten Jambus ein
Wort zu Ende ist. So liegt demnach der Einschnitt, die so-
genannte Cäsur, gerade in der Mitte des Verses, wodurch Ein-
tönigkeit entsteht. Er wurde zuerst in französischen Heldengedichten
gebraucht und erhielt auch seinen Namen von einem Alexander-
liede von Lambert li Tors und Alexander von Bernay. Später
wurde er der Vers des sogenannten classischen Drama's der
Franzosen und trug wesentlich mit zu der Gespreiztheit und