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1. Lehrbuch zur Kenntniß der verschiedenen Gattungen der Poesie und Prosa für das weibliche Geschlecht, besonders für höhere Töchterschulen - S. 215

1877 - Stuttgart : Heitz
215 mit sammt den Jungen taub. — Warte! die Schuhe gehören dem Junker Liebreich — die flicke ich. Er ist ein Landstand, und der Staat liegt mit auf ihm. Wenn er nun zerrissene Schuhe hätte, so möchte er vielleicht nicht fest stehn. Vielleicht kann er auch helfen, daß die Abgaben vom Leder auf- gehoben werden. — Die Vornehmen müssen wissen, daß sie noch unter meine Hände gehören, wenn sie gleich thun, als wenn sie einen mit Füßen treten könnten. Minister flicken am Staat; Die Richter sticken am Rath; Die Pfarrer an dem Gewissen; Die Aerzt' an Händen und Füßen. O Jobsen, was stickest denn du? Du stickest an den Ministern, An Richtern, Aerzten, Magistern — Zerriss'ne Schuh'! Aber bei meiner Treu! der Junker muß manchen Hasen- und Fuchs- balg verdient haben, ehe es mit seinen Schuhen so weit gekommen ist. Sie sehen doch so durchsichtig aus, als wenn im Türkenkriege eine Kanonenkugel durchgefahren wäre. Sie sticken, und flicken oft schlecht! Sie flicken, und flicken nicht recht, Und reißen, wo sie noch flicken, Das Gute wieder in Stücken. O Jobsen! wie stickest denn du? — Du flickest mit muthigen Händen Die Schuh' von jeglichen Stünden — Recht dichte zu. Nickel. Meister! ich wollte, Ihr könntet auch den Magen zuflicken. Mich hungert erbärmlich! Sie werden mich bald im Dorfe für Eure Laterne ansehen, so durchsichtig werde ich allmälig. Jobsen. Desto besser für dich; so bist du nicht in Gefahr, Magen- drücken zu bekommen. Wer viel ißt, schläft viel, und wer viel schläft, wird dumm, und Jobsen darf keinen dummen Schuhknecht haben. Nickel. Meister, seid Ihr klug; ich will dumm bleiben; das eine schickt sich besser für Euch als für mich. Jobsen. Nun so will ich dich wenigstens unsterblich machen. Ich will dich lehren, von nichts leben. Nickel. So bin ich wahrhaftig schon unsterblich, oder doch der Unsterb- lichkeit sehr nahe; denn ich lebe von wenig oder nichts. — Aber, Meister, ich will lieber sterblich sein und essen, denn meinem Magen ist mit der Unsterb- lichkeit nichts gedient. Jobsen. Du einfältiger Mensch! Ich will dir's monstrativisch bewei- sen. Nicht wahr? alle, die essen, müssen sterben; alle, die gestorben sind.
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