1877 -
Stuttgart
: Heitz
- Autor: Borberger, Robert, Nösselt, Friedrich
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1832
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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„Sei's!" rief Gottfried bieder, und siegelte kräftig mit Handschlag,
Was er gelobt, und griff zu dem Stabe des Hirten, und stand schon
Achtend der blockenden Schafe, die mälig sich hoben zur Grasung.
Walther indeß bergab, zum Morgengeschenk der Geliebten,
Trug in geflügelter Hast das Gemslein, innig voraus sich
Eines holdseligen Dankes im sicheren Herzen erfreuend,
Doch auch redlich und ernst bedacht' er, was drunten im Thale
Wohl ihn vergnüge vielleicht zur Gabe dem wackern Gottfried,
Der ihm am Berghang treu die verlassene Heerde bewahrte. —
Oft von oben erklang nachhallendes Jauchzen, und wieder
Jauchzte daun Walther hinauf, und Echo durchhallte die Thäler.
2. Die Epiklei.
In dem prosaischen Briefe spricht sich der Schreiber desselben
gegen eine abwesende Person über Dinge aus, welche Zunächst
nur sie beide angehen. Er ist nur für den Empfänger berechnet,
also ganz speziell; die darin berührten Gegenstände und Verhält-
nisse brauchen nur ihnen beiden bekannt zu sein. Anders verhält
es sich mit dem poetischen Briefe oder der Epistel. Sie ist nicht
bloß für den, an welchen sie gerichtet ist, bestimmt, sondern für
jeden, der sie lesen will. Darum muß sie solche Wahrheiten und
Gefühle enthalten, die Jeden ansprechen, und darf nur solche Ver-
hältnisse berühren, welche entweder Jedem bekannt sind, oder die
doch Jeder aus dem Zusammenhange gleich kennen lernen kann.
Oft ist die Epistel wirklich für eine gewisse Person bestimmt, und
betrifft solche Verhältnisse, die zwischen ihr und dem Dichter statt-
finden ; oft aber nimmt der Dichter auch nur eine solche Person
an, um eine Gelegenheit zu haben, sich über gewisse Wahrheiten
und Gefühle auszusprechen. Legt er gewisse Wahrheiten an den
Tag, so ist die Epistel didaktisch; enthält sie mehr den Aus-
druck von Gefühlen, so ist sie lyrisch; doch kann sie auch episch
sein, wenn er gewisse Ereignisse erzählt. (Von welcher Art ist
die nachstehende?)
Literaturgesch. t>. Nösselt. i. 6. Stuft.
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