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1. Sieben Bücher deutscher Dichtungen - S. 354

1882 - Halle : Hendel
354 Heue Zeit. Das zweite klassische Zeitalter. Er sprengt zu seinem Vater: „Heut' zahl' ich alte Schuld; Will's Gott, erwerb ich wieder die väterliche Huld. Nicht darf ich mit dir speisen auf einem Tuch, du Held; Doch darf ich mit dir schlagen aus einem blut'gen Feld." Sie steigen von den Gäulen, die Herrn vom Löwenlmnd, Sie stürzen auf die Feinde, thun sich als Löwen kund. Hei! wie der Löwe Ulrich so grimmig tobt und würgt! Er will die Schuld bezahlen: er hat sein Wort verbürgt. Wen trägt man aus dem Kampfe, dort auf den Eichenstumpf? „Gott sei mir Sünder gnädig!" — Er stöhnt's, er röchelt's dumpf. O königliche Eiche, die hat der Blitz zerspellt! O Ulrich, tapfrer Ritter, dich hat das Schwert gefällt! Da ruft der alte Recke, den nichts erschüttern kann: „Erschreckt nicht! Der gefallen, ist wie ein andrer Mann! Schlagt drein! Die Feinde fliehen!" — Er ruft's mit Donnerlaut; Wie rauscht sein Bart im Winde! hei! wie der Eber haut! Die Städter Han vernommen das seltsam list'ge Wort. „Wer flieht?" so fragen alle; schon wankt es hier und dort. Das Wort hat sie ergriffen gleich einem Zauberlied: Der Graf und seine Ritter durchbrechen Glied auf Glied. Was gleißt und glänzt da droben und zuckt wie Wetterschein? Das ist mit seinen Reitern der Wolf von Wunnenstein. Er wirft sich auf die Städter, er sprengt sich weite Bucht: Da ist der Sieg entschieden, der Feind in wilder Flucht Im Erntemond geschah es: bei Gott, ein heißer Tag! Was da der edeln Garben auf allen Feldern lag! Wie auch so mancher Schnitter die Arme sinken läßt! Wohl halten diese Ritter ein blutig Sichelfest. Noch lange traf der Bauer, der hinterm Pfluge ging, Auf ross ge Degenklinge, Speereisen, Panzerring; Und als man eine Linde zersägt und niederstreckt, Zeigt sich darin ein Harnisch und ein Geripp versteckt. Als nun die Schlacht geschlagen und Sieg geblasen war, Da reicht der alte Greiner dem Wolf die Rechte dar: „Hab' Dank, du tapfrer Degen, und reit' mit mir nach Haus, Daß wir uns gütlich pflegen nach diesem harten Strauß!" „Hei!" — spricht der Wolf mit Lachen — „gefiel euch dieser Schwank? Ich stritt aus Haß der Städte und nicht um euren Dank! Gut' Nacht und Glück zur Reise! Es steht im alten Recht." Er spricht's und jagt von dannen mit Ritter und mit Knecht. — Zu Döffingen im Dorfe, da hat der Graf die Nacht Bei seines Ulrichs Leiche, des einigen Sohn's, erbracht. Er kniet zur Bahre nieder, verhüllet sein Gesicht: Ob er vielleicht im Stillen geweint, man weiß es nicht. Des Morgens mit dem Frühsten steigt Eberhard zu Roß; Gen Stuttgart fährt er wieder mit seinem reis'gen Troß: — Da kommt des Wegs gelaufen der Zuffenhauser Hirt: „Dem Mann ist's trüb zu Mute: was der uns bringen wird?"
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