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1. Teil 3 = 6., 7. u. 8. Schulj - S. 135

1910 - Frankfurt a.M. : Auffarth
135 mögen wohl die Sptelbälle fein, die sich die bösen Geister einander zu- werfen in der Walpurgisnacht, wenn hier die hexen auf Besenstielen und Mistgabeln einhergeritten kommen. In der Tat, wenn man die obere Hälfte des Brockens besteigt, kann man sich nicht erwehren, an die ergötzlichen Blocksberggeschichten zu denken. Ls ist ein äußerst er- schöpfender Weg, und ich war froh, als lch endlich das langersehnte Brockenhaus zu Gesicht bekam. Dieses Haus, das auf der Spitze des Berges liegt, wurde im Jahre 1800 vom Grafen Stolberg-Wernigerode erbaut. Die Mauern sind erstaunlich dick wegen des Windes und der Kälte im Winter; das Dach ist niedrig, in der Mitte desselben steht eine turmartige Warte, und bei dem Hause liegen noch zwei kleine Nebengebäude, wovon das eine in früheren Zeiten den Brcckenbesuchern zum Obdach diente. Der Eintritt in das Brockenhaus erregte bei mir eine etwas un- gewöhnliche Empfindung. Man ist nach einem langen, einsamen Um- hersteigen durch Tannen und Klippen plötzlich in ein Wolkenhaus ver- setzt; Städte, Berge und Wälder blieben unten liegen, und oben findet man eine wunderlich zusammengesetzte, fremde Gesellschaft, von der man, wie es an dergleichen Orten natürlich ist, fast wie ein erwarteter Ge- nosse, halb neugierig und halb gleichgültig, empfangen wird. Ich fand das Haus voller Gäste, und in der Wirtsstube war lauter Leben und Bewegung. Die einen sind kurz vorher angekommen und nehmen irgend eine Stärkung zu sich; andere bereiten sich zum Nbmarsch, schnüren ihre Nanzen und schreiben ihre Namen in das Gedächtnisbuch ein; man fragt, man antwortet, wünscht gutes Wetter und sagt einander Lebewohl. Nachdem ich mich ziemlich erholt hatte, bestieg ich die Turmwarte. Klar und deutlich zeigte mir der Brocken wie ein Kiesenpanorama die vielen hundert Städte, Städtchen und Dörfer, die meistens nördlich liegen, und ringsum bis in unendliche weite alle Berge, Wälder, Flüsse und Flächen. Es begann langsam zu dämmern; die Luft wurde kälter, die Sonne neigte sich tiefer, und die Turmplatte füllte sich mit allerlei Menschen, die den Sonnenuntergang sehen wollten. Ts ist ein erhabener Nnblick, der die Seele zum Gebet stimmt. Wohl eine Viertelstunde standen alle ernst und schweigend und sahen, wie der schöne Feuerball im Westen allmählich versank; die Gesichter wurden vom Nbendrot an- gestrahlt; die Hände falteten sich unwillkürlich; es war, als ständen wir, eine stille Gemeinde, im Schiffe eines Niesendomes und feierten einen weihevollen Gottesdienst.
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