1910 -
Frankfurt a.M.
: Auffarth
- Autor: ,
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
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in Frankfurt statt, und Kaiser Karl Iv. bestimmte durch Gesetz, daß hier
des Reiches Oberhaupt gewählt werden solle. Die Bürger Frankfurts
verstanden es, aus dieser bevorzugten Stellung Nutzen zu ziehen. Sie
suchten sich stets mit den deutschen Königen gut zu stellen und erlangten
dadurch für ihren Handel mancherlei Rechte und Vorteile.
Von der größten Bedeutung für das Aufblühen Frankfurts als
Handelsstadt waren seine Messen, die großen Märkte der früheren Jahr»
hunderte. Sie wurden mit Vorliebe zur Zeit der Kirchenfeste abgehalten,
weil dann das Volk von fern und nah zusammenströmte. Die Frühjahrs-
messe fiel in die Osterzeit, und die Herbstmesse richtete sich nach dem
Tage Bartholomäi, des Schutzheiligen der Stadt. Von der kirchlichen
Feier rührt auch die Bezeichnung „Messe" für diese Märkte her. Die
Messen stellten der Stadtregierung sechs Jahrhunderte hindurch große
Aufgaben. Es galt nicht nur, den Vorrechten der Kaiser zu entsprechen,
die Zölle und Meßabgaben festzusetzen, sondern auch Verträge mit den
Fürsten, Herren und Reichsstädten zu schließen und Streitigkeiten zwischen
feindlichen Nachbarn zu schlichten. Tausende von Pergamenten wurden
verschrieben, und immer wieder gab es neue Schwierigkeiten. Besondere
Sorgfalt war den Kaufleuten zu widmen, die mit ihren Waren zur Messe
kamen und unterwegs von den Raubrittern, von Fürsten und Grafen, ja
selbst von Kirchenfürsten bedroht waren. Schon im 12. Jahrhundert rich-
tete die Stadt ein „Geleit" ein. Bewaffnete Söldner erwarteten die
Meßfremden an der Grenze des Stadtgebiets und geleiteten sie bis zu
den Toren. Zur Belohnung erhielten sie Geld und Speise, und die
„Geleitsbrezeln" haben sich bis auf unsere Tage erhalten.
Die Blütezeit der Messen fällt in das 16. und 17. Jahrhundert.
Tausende von Kaufleuten boten ihre neuesten Warensorten seil, und
von nah und fern kamen die Käufer und Schaulustigen. Die Messen
halten für die damalige Welt fast dieselbe Bedeutung, wie sie die großen
Weltausstellungen der Neuzeit haben. Nicht nur in der Nähe des Domes
und an dem Mainufer, wie ursprünglich, sondern auch auf dem Römer-
berg, in den angrenzenden Straßen und auf dem Liebsrauenberg waren
Meßbuden aufgeschlagen. Der Straßenname „Neue Kräme" deutet noch
heute auf die dort gelegenen Kramläden hin. Die ganze Gegend vom
Main bis zur Töngesgasse mit allen Läden, Gewölben und Zimmern war
von Meßfremden vollauf besetzt. Durch die Schnurgasse konnte man kaum
kommen, da dort die Tuchballen vor den Gewölben bis an die Straße
aufgestapelt waren.
Die hauptsächlichsten Handelsartikel waren Bücher, Tuch, Leinwand,
Pferde, Wein und Geld. Der Name „Buchgaffe" erinnert an den ausge-