1913 -
Frankfurt am Main
: Diesterweg
- Autor: Breidenstein, Heinrich
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
werden auch Hohlkehlen und Karniese von verschiedenen Profilen
für Truhen und Türverkleidungen gehobelt. Die Anwendung des
Zirkels befördert die Genauigkeit der Arbeit. Drechslerarbeiten
werden aus hartem Holze, daneben auch aus Knochen und Hirsch-
geweihen hergestellt.
Die Frauen benutzen, nachdem sie für die Küche und für die
Kinder gesorgt haben, die freibleibende Zeit, um Kleidungsstücke
zu nähen, Wolle zu spinnen, mit einer Filetnadel Netze zu stricken
— wohl nicht zum Fange von Fischen, sondern von Vögeln — oder
um aus Weidenruten Körbe zu flechten.
Zu dem großen Kaufhause auf der Ostseite des Kastells steigen,
aus der Lahngegend kommend, bärtige Chatten empor, treten unter
die offene Halle und versuchen, das erlegte Wild, die Felle von
Wölfen und Auerochsen oder lebendes Vieh zu verkaufen oder gegen
Erzeugnisse römischer Kunstfertigkeit, Glasgefäße, Metallspiegel oder
Gemmen, zu vertauschen. Auch werden kräftige Jünglinge, die im
Kriege mit einem Nachbarstamme gefangengenommen worden sind,
als Sklaven feilgeboten.
An manchen Stellen des Gebirges steigen bläuliche Rauchwolken
empor. Dort sind die Riesen des Urwaldes durch kräftige Axthiebe
gefällt worden. Die Holzstücke sind kunstgerecht aufeinandergelegt,
mit einer Schicht von Erde bedeckt und mittelst einer in den Boden
gegrabenen Zündgasse von unten angezündet worden. Ruß-
geschwärzte Gesellen halten an den dampfenden Meilern Wache,
bis das Holz durch die langsam wirkende Glut in Kohle verwandelt
worden ist.
Westlich vom Feldberg, am „Glaskopf", dicht am Grenzwall,
waren alte Glasöfen. Es haben sich unter vielen Schlacken Stücke
römischen Natronglases gefunden. Hier sind wohl die Fenster-
scheiben entstanden, die im Kastell Saalburg verwendet wurden.
Die gewöhnlich 30 Zentimeter im Quadrat messenden Scheiben
wurden nicht geblasen, sondern die zähflüssige Masse wurde auf
eine Unterlage von feinem Sand gegossen und erhielt ihre Form
durch einen eisernen Rahmen, in dessen Ecken sie hineingedrückt
wurde.
Außerordentlich lebhaft war der Wagenverkehr am Kastell.
Getreide zum Lebensunterhalt der Soldaten und der Bewohner des