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1. (Sechstes und siebentes Schuljahr) - S. 221

1913 - Frankfurt am Main : Diesterweg
221 145. Aus der Wanderzeit des deutschen Volkes. (360 n. Chr.) Gustav Freytag. Im ersten Morgenlicht standen die Wagen mit Saatkorn und Hausrat bepackt. Über dem festen Bohlengefüge spannte sich die Decke von Leder. Die gejochten Rinder brüllten. Frauen und Binder trieben das Herdenvieh hinter den Wagen zusammen, und große Hunde, die treuen Begleiter der Fahrt, umbellten das Fuhrwerk. Die Geschlechts- genossen und Nachbarn trugen zum Abschied herzu, was als Reisekost diente oder ein Andenken an die Heimat sein konnte. Durchaus nicht fröhlich war der Abschied; auch dem mutigen Manne bangte heimlich vor der Zukunft. War das neue Land auch nicht endlos weit, fast allen war es unbekannt, und unsicher war, ob die Götter der Heimat auch dort Schutz gewährten. Auch die Kinder fühlten das Grauen; sie saßen still aus den Säcken, und die Kleinen weinten, obgleich die Eltern ihnen Haupt und Hals mit heilkräftigem Kraut umkränzt hatten, das den Göttern lieb ist. Mit der aufgehenden Sonne erhoben sich die Fahrenden. Der Älteste ihres Geschlechts oder eine weise Mutter sprach ihnen den Reisesegen, und alle flehten murmelnd um gutes Glück und bannten durch Zauberspruch die schädlichen Waldtiere und schweifende Räuber. Die anderen Dorfleute aber, welche daheim blieben, blickten scheu auf die Wanderer, wie auf verlorene Menschen; unheimlich dünkten ihnen die Frevler, welche sich von dem Segen der Heimat lösten. Denn immer zog es die Landgenossen mächtig nach der Ferne, und doch graute ihnen immer vor einem Leben fern von den Heiligtümern, von Sitte und Recht der Heimat. Die Wagen bewegten sich knarrend zu den Bergen; von der Höhe sahen die Wanderer noch einmal nach dem Dorf ihrer Väter zurück und neigten sich grüßend gegen die unsichtbaren Gewalten der Flur; dann nahm alle der Bergwald auf. Mühsam war die Fahrt auf steinigen Wegen, in welche das Schneewasser tiefe Furchen gerissen hatte. Oft mußten die Männer von den Rossen steigen und mit Haue und Spaten die Bahn fahrbar machen. Wild erscholl Ruf und Peitschenschlag der Treiber. Die Knaben sprangen hinter den Wagen und hemmten den Rücklauf durch Steine, und doch zerrten die Zugtiere machtlos, bis ein Gespann dem anderen half oder Männer und Frauen die starken Schultern an die Räder stemmten. War die Reise wegsamer, dann umritten die Männer
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