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1. Teil 3 = 6. u. 7. Schulj - S. 139

1911 - Breslau : Hirt
139 und übertrieben sie manchen: klingen, sie werden dennoch beinahe übertroffen von der wahren und wirklichen stunde, die der alte Lehrer mit der Hornbrille laut und vernehmlich vorliest, so oft wieder ein neuer Sieg errungen ist. 2. Heute sind nicht blosz Mädchen und Frauen am Brunnen versammelt, nein, auch Männer und Burschen genug. Sie kommen noch herbeigelaufen aus den Türen, Alte und Junge, selbst Lahme und Krüppel; denn hoch oben auf der Tonne steht wieder der Lehrer und liest mit weitschallender Stimme: Der Königin Augusta, Berlin. Vor Sedan, 2. September, y22 Uhr nachmittags. Die Kapi- tulation, wodurch die ganze Armee in Sedan kriegsgefangen, ist soeben mit dem General Wimpffen abgeschlossen, der an Stelle des verwundeten Marschalls Mac Mahon das Kommando führt. Der Kaiser hat nur sich selbst mir ergeben, da er das Kommando nicht führt und alles der Regentschaft in Paris überlätzt. Seinen Aufenthaltsort werde ich bestimmen, nachdem ich ihn gesprochen habe in einem Rendezvous, das sofort stattfindet. Welch eine Wendung durch Gottes Führung! Wilhelm. So las der Lehrer. Da war's zuerst ganz still über der Ver- sammlung; nur der Brunnen rauschte im beifälligsten Gemurmel. 3. Aber jetzt bricht's um so lauter los, ein allstimmiger Jubelruf! Die Buben schreien: Rapolium gefangen! Die Mädchen kreischen: Die Franzosen sind alle geworden! — Die Besonnenen wollen's noch einmal hören. Es ist zu groß und zu köstlich, dies teure Königswort; man kann sich gar nicht satt daran hören, so echt königlich, weil es so demütig, so gläubig ist. Da werden Augen feucht, die es lange nicht geworden. Da wallen Herzen auf, die sonst nichts aus der alltäg- lichen Ruhe bringt. „Binder," ruft der alte Lehrer, „Kinder, die Hüte herunter! Zuerst Gott die Ehre!" Und nun stimmt er an: „Run danket alle Gott!" — und sie stimmen alle ein. Das ist ein Singen und ein Klingen aus tiefster Brust. Und der Brunnen rauscht dazu wie Orgelton, und ein Vogel hoch oben in der Linde schmettert drein wie der Zimbelstern30, wenn sie in der Kirche singen: „Wie schön leucht't uns der Morgenstern!" — „Kinder," hebt der Lehrer wieder an, „zuerst dem himmlischen und nun dem irdischen König die Ehre, dem Teuern und Einzigen, unsern: lieben Herrn Wilhelm! Er lebe hoch mit seinem ganzen Hause!" — Und wieder schallte es hin aus tief bewegten Menschenherzen, wieder rauschte der Brunnen, wieder schmetterte das Vöglein. —
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