1914 -
Frankfurt am Main
: Diesterweg
- Autor: ,
- Hrsg.: Breidenstein, Heinrich
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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einem großen Spiegel in dem Geberden- und Mienenspiel übte. Ja
Plutarch erzählt, Demosthenes habe, um sich das Ausgehen eine Zeitlang
unmöglich zu machen, sich auf einer Seite den Kopf kahl geschoren. So
war er monatelang an sein unterirdisches Zimmer gefesselt, in dem
er sich unablässig mit Übung und Nachdenken über seine Kunst beschäftigte,
und aus dem er endlich als ein vollendeter Redner hervorging, um
eben das Volk, das ihn bisher verlacht hatte, hinzureißen und nach
Gefallen zu lenken.
Derselbe Ernst, mit dem Demosthenes die Erlernung seiner Kunst
betrieben hatte, beseelte ihn auch in deren Ausübung als Staatsredner.
Während einer von seinen Hauptgegnern, Demades, oft trunken und
aus lustigen Gesellschaften kommend, aus dem Stegreif, aber nicht
ohne großes Geschick redete, trat Demosthenes dagegen mit seltener
Nüchternheit und, wie ehemals Perikles, niemals unvorbereitet auf,
so daß man ihm auch vorwarf, es röchen seine Reden nach der nächtlichen
Lampe. Aber man konnte eher sagen, daß sie aus der Nacht hervor-
gingen, wie die Sonne auch nur nach der Nacht langsam in die Höhe
steigt, um alles zu erleuchten und zu erwärmen. Der große, kräftige
und durchdringende Geist seiner Reden, die tiefschauende Staatsklugheil
und die erhabene Gesinnung, die aus ihnen hervorleuchten, haben die
Bewunderung aller Zeiten erregt. Alle großen Redner nach Demosthenes
haben ihm nachgestrebt, aber keiner hat ihn erreicht.
128. Alexander der Große.
Karl Schwartz.
Alexander, der Sohn Philipps und der Olympias, wurde 356
in der mazedonischen Residenz Pella geboren, in derselben Nacht,
in der Herostratus, um seinen Namen auf die Nachwelt zu bringen,
den prachtvollen Tempel der Diana zu Ephesus in Ionien anzündete.
Als Philipp zugleich mit der Nachricht von der Geburt seines Thron-
erben noch zwei andere Freudenbotschaften erhielt, daß Parmenio
einen Sieg erfochten und sein Viergespann zu Olympia den Preis
gewonnen hätte, rief er aus: „Sendet mir doch auch ein Unglück,
ihr Götter; denn zu viel des Glückes habt ihr mir gegeben!" Bald
nachher schrieb er dem Aristoteles, einem Schüler Platos, dem größten
Philosophen Griechenlands: „Ich danke den Göttern für diesen Sohn;
aber noch mehr danke ich ihnen dafür, daß sie mir ihn zu einer