1913 -
Hannover [u.a.]
: Carl Meyer (Gustav Prior)
- Hrsg.: Kappey, Heinrich, Koch, Hermann
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten, Volksschule, Mittelschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Mittelschule, Gehobene evangelische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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Würde im nächsten Augenblick mit dem Schwall mitgerissen werden. Der
Wasserstaub aber weht uns so kühl und feucht an, daß wir uns freuen,
wieder in den Hellen Sonnenschein hinauszutreten, der uns früher lästig
dünkte. Helene Stökl.
197. Dreimal in Straßburg.
i.
1. Mit dem Ränzel auf dem Rücken und dem Stab in der Hand
rückten wir unter der heißen Sonne des 4. Juli 1870 in Straßburg
ein. Über alle Dächer und Schanzen hinweg hatte der erhabene
Münsterturm längst auf uns herabgeschaut, und wir sprachen nur
von ihm. Als wir aber durch das Festungstor geschritten waren,
da hatten meine Begleiter nur Auge und Ohr für die fremdartigen
Gestalten der französischen Soldaten, die ebensowohl durch die Uni-
form, als auch durch die Haltung und Bewegung sich so wesentlich
vom deutschen Militär unterschieden. Einzeln und in Gruppen be-
gegneten sie uns, meist die Hände in den weiten roten Hosen und
das kurze Pfeifchen im Munde. Nun rückte eine Kolonne Infanterie
heran, aber auch die Bewegungen der Masse waren anders als bei
uns. Insbesondere konnten sich meine jungen Freunde gar nicht
darein finden, daß gar mancher Soldat im Gliede sich mit seinem
Nachbar laut und zwanglos unterhielt.
2. So waren wir zum Münster gekommen. Hier aber übte die
herrliche Westfassade dieses Riesenwerkes ihren Zauber auch auf
meine jungen Freunde aus. Im ersten Augenblick wirkte nur die
ungeheure Masse und die schwindelnde Höhe. Dann gewahrten wii
mit steigendem Wohlgefallen, wie treffliche Gliederung, wohltuende
Maßverteilung und anmutiger Schmuck von kundiger Bildhauerhand
diese ungeheure Wand durchgeistigen und ihr Leben einhauchen.
Vier Strebepfeiler, kräftig aus der Wandfläche hervortretend, sondern
diese in drei Teile, von denen sich wieder drei Stockwerke erkennen
lassen. Das unterste derselben zeigt stolze Eingangspforten von
mächtiger Größe. Uber dem Mittelportal befindet sich das berühmte
Rundfenster, dessen Durchmesser ungefähr so groß ist wie die Höhe
eines mehrstöckigen bürgerlichen Wohnhauses, nämlich 13,5 m. Trotz
des erstaunlichen Umfanges erhält dieses Radfenster ein wahrhaft
zierliches Aussehen durch das reizende Maßwerk, von welchem es
übersponnen wird.
3. Der obere Abschluß der Fassade zeigt deutlich, daß der Bau-
plan zwei Türme vorgesehen hatte. Nur der nördliche ist zur Aus-
führung gekommen. Die höchste Spitze läuft in eine Kreuzblume