1913 -
Hannover [u.a.]
: Carl Meyer (Gustav Prior)
- Hrsg.: Kappey, Heinrich, Koch, Hermann
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten, Volksschule, Mittelschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Mittelschule, Gehobene evangelische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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einen Reif und jprang mit einem gewaltigen Satz auf Herakles los.
Der hatte den Bogen, welcher ihm hier nichts nützen konnte, rasch beiseite
geworfen, und als der Löwe mit den fürchterlichen Krallen ihn gerade
packen wollte, versetzte er ihm mit dem harten Knopf seiner Keule einen
solchen Schlag an die Stirn, daß das Untier zurücktaumelte, die Augen
verdrehte und unsicher auf den Beinen hin- und herschwankte. Jetzt warf
Herakles auch die Keule aus der Hand, sprang dem Löwen entgegen, trat
ihm mit den Füßen aus die Hinterbeine, umschlang seinen Hals mit den
Armen und drückte so lange, bis das Tier erstickt war. Umsonst suchte
er dann dem toten Löwen das Fell abzustreifen; kein Stein und kein
Eisen war dazu scharf genug. Da lud er sich die ganze Last auf die
Schultern und ging damit seines Weges nach Mykenä. Als der feige
Eurystheus den Helden mit dem gräßlichen Ungeheuer daherkommen sah,
bekam er vor der göttlichen Stärke des Herakles eine solche Angst, daß
er sich in ein ehernes Faß unter die Erde verkroch. Er ließ dem Helden
durch einen Herold sagen, daß er forthin nicht wieder vor sein Angesicht
komme, sondern seine Siegesbeute nur vor den Toren der Stadt ab-
geben sollte.
2. Die Hydra.
Bald darauf hatte der König Eurystheus eine zweite Arbeit ersonnen,
um den gefürchteten Dienstmann zu beschäftigen. Er befahl dem Herakles,
die lernäische Hydra zu erlegen. Das war eine unmäßig große Schlange
mit neun Köpfen, von denen acht sterblich, der in der Mitte stehende
aber unsterblich war. Sie hielt sich in dem Sumpfe von Lerna, nicht
weit von Argos, auf und überfiel von da aus die Herden und verheerte
das Land.
Um dieses Ungeheuer zu bekämpfen, nahm Herakles seinen tapferen
Neffen Jolaos als Waffengefährten mit. Der lenkte an seiner Seite die
Rosse des Wagens, auf dem sie bis in die Nähe der Höhle fuhren, in
welcher die Schlange ihr Lager hatte. Dort sprang Herakles mit seinem
Bogen vom Wagen herab, wickelte Werg mit Pech und Schwefel um die
Pfeile, zündete sie an und schoß damit in die Höhle hinein, um die Hydra
aus ihrem Schlupfwinkel aufzuscheuchen. Wütend fuhr sie hervor, und
es war grauenvoll anzusehen, wie sie den ungeheuren Leib daherwälzte
und drohend aus den neun emporgestreckten Hälsen zischende Zungen
fletschte. Mit vorgehaltenem Schild und funkelndem Schwert sprang
Herakles aus sie ein, und während sie mit dem Schweif ihm einen Fuß
umringelte, schlug er ihr mit raschen Hieben Kopf auf Kops herunter.
Aber er richtete damit nichts aus; für jeden abgehauenen Kopf wuchsen
der Schlange alsbald zwei neue aus dem blutenden Rumpfe hervor.
Gleichzeitig kam der Hydra ein Riesenkrebs aus dem Sumpfe zu
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