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1. Teil 4 = 5. - 6. Schulj - S. 451

1913 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
451 mit Mühe überzeugte Heinrich sie, daß die Klugheit ihm riete, für den Augenblick zu weichen. Da gaben sie endlich seinen Gründen nach. 6. Inzwischen hatte der König erfahren, daß sich Gregor nach Kanossa, der festesten Burg der Markgräfin Mathilde, begeben habe. Ohne Zögern brach Heinrich dorthin auf. Erst vor wenigen Tagen war Gregor auf Kanossa angelangt, aber schon hatte er manchen Büßer der Burg sich nahen sehen. Jene gebannten Bischöfe und Räte Heinrichs, die glücklich über die Alpen gekommen waren, flehten barfuß und in härenen Kleidern vor dem Burgtore um Einlaß. Einige von ihnen schienen sogleich los- gesprochen zu sein, bei anderen behielt sich der Papst die Lossprechung vor, bis Heinrichs Sache entschieden sei. Denn schon hörte er, daß auch der König, der größte Sünder gegen den heiligen Petrus, sich Kanossa nahe. 7. Als Heinrich mit seinem Gefolge vor der Burg ankam, ließ er Mathilde und den Abt Hugo zu einer Unterredung auffordern. Beide erschienen, und er zeigte ihnen seine Bereitwilligkeit, sich jeder Forderung des Papstes zu unterwerfen, wenn er nur vom Banne losgesprochen werde. Sie versprachen ihm, ihren Einfluß aufzubieten, um den Papst zur Milde zu stimmen. Aber ihre Fürsprache war vergeblich; der Papst war durch, keine Vorstellungen zu erweichen. Da entschloß sich der König, öffentlich die strengsten Bußübungen vorzunehmen, welche die Kirche von reuigen Sündern fordert. So wollte er vor aller Welt zeigen, daß er jede Genug- tuung dem Papste zu leisten bereit sei, die derselbe beanspruchen könne Weigerte der Papst sich dann, ihm den Schoß der Kirche zu öffnen, so lag klar vor Augen, daß ihm die Eigenschaft fehlte, die kein Priester und am wenigsten der höchste Priester der Christenheit, verleugnen darf, die Barmherzigkeit. 8. Es war am 25. Januar, als der König und mit ihm einige andere Gebannte barfuß und im härenen Büßerhemde vor dem Burgtor erschienen und Einlaß begehrten. Die Pforten blieben ihnen geschlossen; trotz des dringenden Flehens des königlichen Mannes, trotz der bitteren Kälte öffneten sie sich nicht. Auch als am folgenden Morgen Heinrich von neuem um Aufnahme bat, als er bis zum Abend nicht müde wurde, unter Tränen das Mitleid des apostolischen Vaters anzurufen, blieb Gregors Herz unbewegt. Er gewann es über sich, daß Kanossa noch am dritten Tage das kläglichste aller Schauspiele ansehen mußte. Doch schon war von allen, die in der Burg anwesend waren, Gregor der einzige, der ohne Herzensregung den König in einer solchen Erniedrigung anblicken konnte. Man bestürmte ihn unter Tränen, sich durch Heinrichs Not erweichen zu lassen; man warf ihm unerhörte Herzenshärtigkeit vor; man schalt ihn, wie wir aus seinem eigenen Munde wissen, einen rohen und grausamen Tyrannen. 29*
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