1911 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Wolff, Karl, Porger, Gustav
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Schulformen (OPAC): Knabenmittelschule
- Inhalt Raum/Thema: ABC_Lesen
- Geschlecht (WdK): Jungen
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„Nun, lieber Bruder, sprich mit ihm!" Der Müller sagte: „Bricklebrit!"
und augenblicklich sprangen die Goldstücke auf das Tuch herab, als käme ein
Platzregen, und der Esel hörte nicht eher auf, als bis alle so viel hatten,
daß sie nicht mehr tragen konnten. (Ich sehe dir's an, du wärst auch
gerne dabeigewesen.) Dann holte der Drechsler das Tischchen und sagte:
„Lieber Bruder, nun sprich mit ihm!" Und kaum hatte der Schreiner
„Tischchen, deck dich!" gesagt, so war es gedeckt und mit den schönsten
Schüsseln reichlich besetzt. Da ward eine Mahlzeit gehalten, wie der gute
Schneider noch keine in seinem Hause erlebt hatte, und die ganze Verwandt-
schaft blieb beisammen bis in die Nacht, und waren alle lustig und ver-
gnügt. Der Schneider verschloß Nadel und Zwirn, Elle und Bügeleisen in
einen Schrank und lebte mit seinen drei Söhnen in Freude und Herrlichkeit.
5.
Wo ist aber die Ziege hingekommen, die schuld war, daß der
Schneider seine drei Söhne fortjagte? Das will ich dir sagen. Sie
schämte sich, daß sie einen kahlen Kopf hatte, lies in eine Fuchshöhle und
verkroch sich hinein. Als der Fuchs nach Haus kam, funkelten ihm ein
Paar große Augen aus der Dunkelheit entgegen, daß er erschrak und
wieder zurücklief. Der Bär begegnete ihm, und da der Fuchs ganz ver-
stört aussah, so sprach er: „Was ist dir, Bruder Fuchs? Was machst
du für ein Gesicht?" „Ach," antwortete der Rote, „ein grimmig Tier
sitzt in meiner Höhle und hat mich mit feurigen Augen angeglotzt."
„Das wollen wir bald austreiben," sprach der Bär, ging mit zu der
Höhle und schaute hinein. Als er aber die feurigen Augen erblickte,
wandelte ihn ebenfalls Furcht an; er wollte mit dem grimmigen Tiere
nichts zu tun haben und nahm Reißaus. Die Biene begegnete ihm, und
da sie merkte, daß es ihm in seiner Haut nicht wohl zumute war, sprach
sie: „Bär, du machst ja ein gewaltig verdrießlich Gesicht, wo ist deine
Lustigkeit geblieben?" „Du hast gut reden," antwortete der Bär; „es
sitzt ein grimmiges Tier mit Glotzaugen in dem Hause des Roten, und
wir können es nicht herausjagen." Die Biene sprach: „Du dauerst
mich, Bär. Ich bin ein armes, schwaches Geschöpf, das ihr im Wege
nicht anguckt; aber ich glaube doch, daß ich euch helfen kann." Sie flog
in die Fuchshöhle, setzte sich der Ziege auf den glatten, geschorenen Kops
und stach sie so gewaltig, daß sie aufsprang, meh! meh! schrie und wie
toll in die Welt hineinlief, und weiß niemand bis auf diese Stunde,
wo sie hingelaufen ist.
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