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1. (Zweites und drittes Schuljahr) - S. 7

1910 - Frankfurt am Main : Diesterweg
7 Tier dort zu finden, ging er hinein. Es war finster und feucht in der Höhle; doch von fern sah er etwas Helles schimmern. Freudig lief er darauf zu, weil er glaubte, es sei das weiße Kalb; als er aber näher kam, merkte er, daß der helle Schein nicht von dem weißen Kalbe herrührte, sondern von einem Edelstein, der auf dem Boden lag und wie ein Diamant aussah. Er hob ihn auf, und weil der Stein ein helles Licht verbreitete, so ging er weiter hinein in die Höhle, um dort vielleicht noch mehr zu finden. Noch war er nicht weit gegangen, da hörte er jemand singen, und plötzlich öffnete sich eine Tür, und der Hirt stand in einem weißen Saale, der aus lauter Eis bestand. Das Sonderbare aber dabei war, daß aus dem Eise lauter Blumen, Edelweiß, Genzianen und Bergrosen hervor- blühten. In der Mitte des Saales saß auf einem Thron von leuchten- den Eiskristallen eine wunderschöne Frau, welche ein Lied sang. Als sie den Hirten, der den Edelstein in der Hand trug, erblickte, sprang sie auf, lief auf ihn zu und rief: „Mein Edelstein!" Der Hirt gab ihr den Stein. Sie nahm ihn sofort an sich, indem sie sagte: „Ach, wie bin ich froh, daß ich meinen Edelstein wieder habe! Du hast mir meine Macht gerettet; denn ohne diesen Stein habe ich keine Macht. Ich sah mir gestern wieder einmal die Erde an, und dabei habe ich ihn wohl verloren." Dann faßte sie den Hirten bei der Hand und führte ihn an den Wänden des Saales umher; sie sagte ihm, daß all die Blumen Wunderblumen seien, und wenn er sich davon einen Strauß pflücken wolle, so werde er der glück- lichste aller Sterblichen sein. Das Edelweiß bringe Gesundheit, die Rosen Liebesglück, die Genzianen Reichtum. Der Hirt pflückte sich einen Strauß und dankte der schönen Fee. Diese begann jetzt wieder zu singen, und nun strömten aus allen Türen schöne Mädchen heraus. Sie begannen einen lieblichen Tanz, so daß der Hirte ganz davon bezaubert war. Nun forderte ihn die erste Frau auf, mit ihr zu tanzen. Er konnte nicht tanzen; aber doch tanzte er mit drei Mädchen, und als er damit fertig war, schenkte ihm jede etwas. Die erste schenkte ihm Schönheit, und sofort war der Hirt um einen Kopf größer, breit und stark, und sein Antlitz strahlte in edlem Glanze; die zweite schenkte ihm Klugheit und die dritte ein gutes Herz. Endlich winkte ihm die erste Fee und führte ihn selbst zur Höhle hinaus. Am Eingang stand auch schon das Kälbchen. Der Hirt trieb es zur Herde zurück und wollte dann in seine Hütte gehen.
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