1914 -
Frankfurt am Main
: Diesterweg
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
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Handel. „Hab' ich nur ein Stück Brot, und daran wird mir's doch nicht
fehlen, so kann ich, so oft mir's beliebt, Butter und Käse dazu essen;
hab' ich Durst, so melk' ich meine Kuh und trinke Milch. Herz, was ver-
langst du noch mehr?" Als er zu einem Wirtshaus kam, machte er Halt.
In seiner großen Freuds aß er alles, was er bei sich hatte, sein Mittag-
und Abendbrot, rein auf und ließ sich für seine letzten paar Heller ein
halbes Glas Vier einschenken. Dann trieb er seine Kuh weiter, immer nach
dem Dorfe seiner Mutter zu. Die Hitze ward drückender, je näher der
Mittag kam, und Hans befand sich in einer Heide, die wohl noch eine
Stunde dauerte. Da ward es ihm ganz heiß, so daß ihm vor Durst
die Zunge am Gaumen klebte. „D?m Ding ist zu helfen," dachte Hans;
„jetzt will ich meine Kuh melken und mich an der Milch laben." Er
band sie an einen dürren Baum und stellte, da er keinen Eimer hatte,
seine Ledermütze unter; aber wie er sich auch bemühte, es kam kein
Tropfen Milch zum Vorschein. Und weil er sich so ungeschickt dabei an-
stellte, so gab ihm das ungeduldige Tier endlich mit einem der Hinter-
füße einen solchen Schlag vor den Kopf, daß er zu Boden taumelte und
eine Zeitlang sich gar nicht besinnen konnte, wo er war. Glücklicherweise
kam gerade eine Metzger des Weges, der auf einem Schubkarren ein junges
Schwein liegen hatte. „Was sind das für Streiche!" rief er und half
dem guten Hans auf. Hans erzählte, was vorgefallen war. Der Metzger
reichte ihm seine Flasche und sprach: „Da trinkt einmal und erholt Euch!
Die Kuh will wohl keine Milch geben; das ist ein altes Tier, das höch-
stens noch zum Ziehen taugt oder zum Schlachten." — „Ei, ei," sprach
Hans und strich sich die Haare über den Kopf, „wer hätte das gedacht!
Es ist freilich gut, wenn man so ein Tier fürs Haus abschlachten kann.
Was gibt's für Fleisch! Aber ich mache mir aus dem Kuhfleisch nicht
viel, es ist mir nicht saftig genug. Ja, wer so ein junges Schwein hätte!
Das schmeckt anders, dabei noch die Würste!" — „Hört, Hans," sprach
da der Metzger, „Euch zuliebe will ich tauschen und Euch das Schwein
für die Kuh lassen." — „Gott lohn' Euch Eure Freundschaft," sprach
Hans, übergab ihm die Kuh, ließ sich das Schweinchen vom Karren los-
machen und den Strick, woran es gebunden war, in die Hand geben.
Hans zog weiter und überdachte, wie ihm doch alles nach Wunsch
ginge. Es gesellte sich danach ein Bursch zu ihm, der trug eine schöne,
weiße Gans unter dem Arm. Sie boten einander die Zeit, und Hans
fing an, von seinem Glück zu erzählen. Der Bursch erzählte ihm, daß
er die Gans zu einem Kindtaufsschmaus brächte. „Hebt einmal," fuhr