1912 -
Halle a.S.
: Schroedel
- Autor: Warncke, K., Steger, August, Wohlrabe, Wilhelm
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
südlich vom Kyffhäuser etwas über zwei Stunden entfernt, diese nordwest-
lich in einer etwas geringeren Entfernung. Von der Seite von Franken-
Haufen oder der Rotenburg her ist der Kyfshäuser am leichtesten zu er-
steigen. Der Berg hat einen breiten Gipfel, und der Umfang der Ruinen,
die man hier noch findet, beweist, daß Gebäude von seltener Größe hier
prangten. Man sieht noch Spuren von tiefen, in den Berg gehauenen
Gräben und den daneben aufgeführten Mauern. Gegen die südliche Seite
des Berges hin steht noch ein Tor, das man gewöhnlich das Erfurter Tor
nennt, weil man von hier aus bei heiterm Himmel die Türme von Erfurt
erkennen kann. Etwas weiter aufwärts und westlich steht ein starker Turm,
der wegen seiner hohen und freien Lage weithin sichtbar ist. Die alten
Mauern dieses Turmes sind drei bis vier Meter dick und auswendig von
gehauenen Steinen. Von diesem Turme etwas weiter nach Osten zu finden
sich Ruinen von starken Mauern, welche vermutlich das eigentliche Wohn-
haus umfaßt haben. Noch weiter herab stehen die Überreste einer Kapelle,
etwas weniger verfallen als die andern Gebäude.
Die Geschichte sagt uns wenig von dieser vormals so großen und
prächtigen Burg. Dagegen haben sich von ihr desto mehr Sagen erhalten,
in welchen meistens Kaiser Friedrich Barbarossa den Mittelpunkt bildet.
3. Wohin man von der Höhe des Berges nur blicken mag, ist die
Aussicht vom Kyffhäuser so schön und groß, daß man nicht weiß, wohin
man zuerst sehen soll, und sich gar nicht sehnt, wieder wegzugehen. An
der nördlichen Seite des Berges breitet sich die goldne Aue mit ihren
reichen und bunten Gefilden aus; durch sie fließt die Helme, deren Lauf
man in einer weiten Ausdehnung mit dem Auge verfolgen kann. Der
westliche Teil der goldnen Aue wird zwar etwas durch die Rotenburg
verdeckt, doch schimmern jenseit derselben die'türme der Stadt Nord-
hausen hervor. Gerade vor sich sieht man die Vorberge des Harzes, und
unter denselben hingestreckt eine ganze Reihe kleiner Orte. Südöstlich liegt
die schöne Ebene, durch welche die Unstrut fließt. Gegen Süden ruht das
Auge zunächst auf dem dunkeln Walde; aber jenseit desselben fliegt der
Blick über die Gefilde Thüringens dahin, bis ihn die blauen Berge des
Thüringer Waldes begrenzen.
Auf dem Gipfel des Kyffhäusers, nicht weit von der Burgruine,
steht jetzt ein herrliches Denkmal, welches die deutschen Kriegervereine dem
Einiger Deutschlands, dem Kaiser Wilhelm I., errichten ließen. Es stellt
einen mächtigen Turm dar aus rotem Gestein, wie es im Kyffhäuser ge-
brochen wird. Im untern Teile erblickt man eine wundervolle Figur Fried-
rich Barbarossas so, wie ihn die Sage beschreibt, weiter oben befindet
sich ein prächtiges Reiterstandbild Wilhelms I.; den Abschluß des Turmes
bildet eine gewaltige Kaiserkrone. Das Denkmal wird alljährlich von
vielen Tausenden besucht und bewundert. A, Mauer,