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1. Teil 2 = Kl. 7 - S. 173

1917 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
„0, die Lügenbrut!" rief der Schneider, „einer so gottlos und pflicht- vergessen wie der andere! Ihr sollt mich nicht länger zum Narren haben!" Und vor Zorn ganz außer sich, sprang er hinauf und gerbte dem armen Jungen mit der Elle den Rücken so gewaltig, daß er zum Haus hinaussprang. Der alte Schneider war nun mit seiner Ziege allein. Am andern Morgen ging er hinab in den Stall, liebkoste die Ziege und sprach: „Komm, mein liebes Tierlein, ich will dich selbst zur Weide führen." Er nahm sie am Strick und brachte sie zu grünen Hecken und unter Schafgarbe und was sonst die Ziegen gerne fressen. „Da kannst du dich einmal nach Herzenslust sättigen," sprach er zu ihr und ließ sie weiden bis zum Abend. Da fragte er: „Ziege, bist du satt?" Sie antwortete: „Ich bin so satt, ich mag kein Blatt; meh, meh!" „So komm nach Hanse!" sagte der Schneider, führte sie in den Stall und band sie fest. Als er wegging, kehrte er sich noch einmal um und sagte: „Nun bist du doch einmal satt." Aber die Ziege machte es ihm nicht besser und rief: „Wie sollt' ich satt sein? Ich sprang nur über Gräbelein und fand kein einzig Blättelein; meh, meh!" Als der Schneider das hörte, stutzte er und sah wohl, daß er seine drei Söhne ohne Ursache verstoßen hatte. „Wart!" rief er, „du un- dankbares Geschöpf! Dich fortzujagen ist noch zu wenig; ich will dich zeichnen, daß du dich unter ehrbaren Schneidern nicht mehr darfst sehen lassen." In einer Hast sprang er hinauf, holte sein Bartmesser, seifte der Ziege den Kopf ein und schor sie so glatt wie seine flache Hand. Und weil die Elle zu ehrenvoll gewesen wäre, holte er die Peitsche und versetzte ihr solche Hiebe, daß sie in gewaltigen Sprüngen davonlief. 2. Der Schneider, als er so ganz einsam in seinem Hause saß, verfiel in große Traurigkeit und hätte seine Söhne gerne wiedergehabt; aber niemand wußte, wo sie hingeraten waren. Der älteste war zu einem Schreiner in die Lehre gegangen. Da lernte er fleißig und unverdrossen, und als seine Zeit herum war, daß er wandern sollte, schenkte ihm der Meister ein Tischchen, das gar kein besonderes Ansehen hatte und von gewöhnlichem Holz war; aber es hatte eine gute Eigenschaft. Wenn man es hinstellte und sprach: „Tischchen, deck' dich!" so war das gute Tischchen auf einmal mit einem saubern Tüchlein bedeckt, und stand da
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