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1. (Viertes und fünftes Schuljahr) - S. 152

1910 - Frankfurt am Main : Diesterweg
152 117. Ein Christabend in Feindesland. H. Schramm. In keiner Stunde seit Ausbruch des Krieges mochten wohl unsre wackeren Krieger mit größerer Sehnsucht an die traute deutsche Heimat gedacht haben, als da der Christabend heraufdämmerte. Diesmal tönten keine jubelnden Kinderstimmen an ihr Ohr; sie waren allein, fern von Weib und Kind, fern von Eltern, Geschwistern und Freunden, fern von allen Lieben. Trotz alledem wurde das schönste, dem deutschen Herzen liebste Fest der Christenheit vielfach auf eine würdige Weise gefeiert. Nirgends aber im ganzen deutschen Feldlager, so berichtet ein deutscher Soldat, ist wohl der Weihnachtsabend in so weihevoller Stimmung gefeiert worden als von unsrer Kompagnie. Die Feier wurde von unserm Hauptmann, der überhaupt immer wie ein Vater für seine Kinder sorgte, veranstaltet. Um den Soldaten und sich selbst eine Weihnachtsfreude zu bereiten, ließ er eine mitten im Garten seines Quartiers stehende Fichte mit Äpfeln und allerhand von den Soldaten aus buntem Papier angefertigten Christbaum- verzierungen behängen und mehrere hundert Kerzen auf den Ästen und Zweigen befestigen. Abends Xi21 Uhr versammelte sich die Kompagnie vor dem Quartier ihres Hauptmanns, und nachdem dieser die Lichter auf dem riesigen Christbaum hatte anzünden lassen, führte er seine Leute selbst in den Garten, wo nun zehn Musiker des Regiments auf ein von ihm gegebenes Zeichen eine ernste Weise zu blasen begannen. Die Kompagnie stellte sich im Kreise um den Christbaum; dann trat, nachdem das Musikstück beendet war, der Hauptmann in die Mitte und hielt folgende Ansprache an die Soldaten : ,,Da es mir nicht vergönnt ist, den heutigen Freudentag im Kreise meiner Lieben daheim im teuern Vaterland zu verleben, da ferner die meisten von euch selbst verheiratete Männer sind, die gewiß mit heißer Sehnsucht an diesem Abend ihrer Familie gedenken, so habe ich euch, meine lieben Leute, um mich versammelt, um mit und unter euch den Weihnachtsabend zu feiern; gehört ihr doch jetzt zu meiner Familie, seid ihr doch jetzt alle meine Kinder! Zuerst laßt uns gemeinschaftlich singen: Nun danket alle Gott!" Einige Male mußte der Hauptmann seine schlichte Rede unter- brechen; denn tiefe Rührung erstickte seine Stimme. Auch die Sol-
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