1910 -
Frankfurt am Main
: Diesterweg
- Autor: ,
- Hrsg.: Breidenstein, Heinrich
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
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. Eine treue und sachverständige Gehilfin in diesen Bestrebungen fand
der Kurfürst in seiner Gemahlin Luise Henriette von Oranien. Sie
zeigte sich als echte Holländerin und wurde dem verwahrlosten Volke
der Märker eine Lehrmeisterin der Milchwirtschaft, des Garten- und
Gemüsebaues. Dicht am fürstlichen Schlosse zu Kölln an der Spree, wo
sich heute der Lustgarten mit seinen Springbrunnen, Blumenanlagen
und Denkmälern ausbreitet, legte die Kurfürstin einen ergiebigen Küchen-
garten an, in welchem u. a. auch die erste deutsche Kartoffel gezogen
wurde. Unweit davon, am jenseitigen Ufer der Spree, wo später das
Schlofz Monbijou gebaut wurde, entstand eine Molkerei nach hollän-
dischem Muster, welche die Kurfürstin oft besuchte, um die Arbeiten da-
selbst zu beaufsichtigen. Bekannt ist, daß sie das Domünengut Bötzow
an der Havel, das sie samt dem alten Jagdschlösse von ihrem Gemahl
zunl Geschenk erhielt, das spätere Oranienburg, zu einer holländischen
Musterwirtschaft umwandeln ließ. Wie sich die Fürstin um die Ver-
waltung derselben auf das sorgfältigste kümmerte, geht aus ihren
Briefen hervor, die sie von Preußen aus an den Geheimen Rat Otto
von Schwerin schrieb.
„Ich bin recht böse," heißt es darin, „daß meine Kühe in so
schlechtem Zustande sind; ich kann es nicht recht verstehen; denn im
Tiergarten zu Berlin haben sie dasselbe Futter und sind recht schön. —
Was den Karpfenteich betrifft, so bin ich ganz eingenommen davon
und glaube, daß man ringsherum Bäume pflanzen kann. Ich bitte
Sie, im Frühjahr noch mehr Karpfen in den großen Weiher fetzen
zu lassen und mir zu schreiben, ob der Streichteich gemacht worden
ist. — Ich sehne mich unbeschreiblich danach, alles zu sehen."
Die Kursürstin Luise gründete auch das Bruchdorf Neuholland,
um auch die holländische Viehzucht in die Mark zu verpflanzen. Ganz
dem Wohle des Landes lebend, löste sie die verpfändeten fürstlichen
Domänengüter wieder ein und bereicherte die Schatzkammer mit ihrem
kostbaren Geschmeide. Aber nicht bloß um Küche und Garten, um Feld
und Viehstand kümmerte sich Luise, sondern auch um eine bessere Er-
ziehung der Jugend. Das Waisenhaus in Oranienburg zeugt von
ihrem wohltätigen Walten. Mit unbeschreiblicher Liebe hing bald
das Volt an der edlen Fürstin. Ihr Name wurde noch lange nach
ihrem Tode als der einer Heiligen verehrt. Luise begann damals
der Lieblingsname in den brandenburgisch-preußischen Landen zu
werden.
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