1910 -
Frankfurt am Main
: Diesterweg
- Autor: ,
- Hrsg.: Breidenstein, Heinrich
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
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endlich so dreist und unsanft, daß der König darüber erwachte
und zu dem Soldaten sagte: „Nun, wahrhaftig! du wirst mir noch
alles Stroh wegnehmen !" Dies hörten die übrigen und verwiesen
ihrem Kameraden seine Unvorsichtigkeit und Kühnheit. Dieser
erkannte nun den König und steckte ihm, um den Fehler wieder
gut zu machen, hastig das Stroh wieder unter den Leib. Der König
sagte aber: „Laß es nur gut sein und behalte, was du hast."
152. Friedrich der Trotze und der Unteroffizier.
Anekdoten und Charakterzüge aus dem Leben Friedrichs des Großen.
Als der König im Jahre 1757 auf einem Marsch in Böhmen
begriffen war, ritt er mit einem Husarenunteroffizier und sechs Mann
Gemeinen voraus, die Gegend auszukundschaften. Bei dieser Gelegen-
heit kam dem König eine feindliche Husarenpatrouille von fünfzehn
Mann entgegen. „Was will Er nun machen?" fragte Friedrich den
Unteroffizier. — „Wenn Jhro Majestät erlauben, dast ich denken darf,
Sie wären nicht zugegen, so jagte ich die fünfzehn Husaren alle zum
Teufel." — „Nun, so denk' Er das einmal!" — Der Unteroffizier wen-
dete sich jetzt zu seinen sechs Mann und rief ihnen zu: „Kinder, nun
vorwärts, marsch! Ein jeder von euch erhält einen Friedrichsdor. Ihr
kennt mich." Er liest seine Mannschaft in einer Reihe aufmarschieren,
und so jagte er auf die feindliche Patrouille los und hieb so lebhaft
ein, dast nach einigen Minuten die Feinde flohen und zwei Tote und
sechs Verwundete hinterliesten, die als Gefangene zurückgebracht wurden.
Auf preustischer Seite waren der Unteroffizier und ein Gemeiner ver-
wundet und ein Pferd totgeschossen. Der König ritt dem verwundeten
Unteroffizier entgegen, nahm den Hut ab und sagte: „Herr Leutnant,
ich danke für Seine Bravour und Seine guten Gesinnungen gegen mich.
Den Husaren werde ich Sein Versprechen doppelt erfüllen, und Seine
Ausrüstung besorge ich auch."
153. Friedrich der Trotze und sein Kammerdiener.
Rulemann Friedrich Eylerk.
Friedrich der Graste hatte einst, wie es so oft geschah, anhaltend
gearbeitet und säst noch schreibend an seinem Pulte, als die Mitter-
nachtstunde schon geschlagen hatte. Der hereintretende Kammerdiener