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1. (Viertes und fünftes Schuljahr) - S. 257

1910 - Frankfurt am Main : Diesterweg
^ 257 Briefe zu öffnen und zu lesen. Auch kam regelmäßig Sonnabends um diese Zeit sein Vorleser, der die Sammlung seiner Bücher in Ordnung hielt, und erhielt seine Anweisungen. Von 9 Uhr an empfing der Kaiser hohe Beamte seines Hofes, Minister und Generale, hörte ihre Vorträge an und gab seinen Willen kund. Dabei stand er oft gegen den Schreibtisch gelehnt, so daß man ihn von der Straße aus sehen konnte. Jedem der Herren war Tag und Stunde des Vortrags fest bestimmt, niemand brauchte zu warten, pünktlich zur Minute erschien der Kaiser. Mit sorgfältig gewahrter Ordnung und immer gleicher Aufmerksam- keit arbeitete er die Schriftstücke durch, die er zu unterschreiben hatte. Was einlief, erledigte er an demselben Tage; er liebte nicht, aus den nächsten Tag zu verschieben. Auch auf seinen Badereisen, Iagdausflügen und in den Manövern arbeitete er täglich ein paar Stunden. Selbst in den Feldzügen fand er Zeit, sich mit diesen kleinern Dingen zu befassen. Wie er am Abend vor Königgrätz über seinen Mappen mit Schriftstücken saß, so fand man ihn am 3. September 1870 in Vendresse ruhig über der Arbeit, als wäre er in dem Alltagsleben von Berlin. Weiche und bequeme Kleider, die sich ein andrer innerhalb seiner vier Wände gönnt, erlaubte sich der Kaiser nicht. Wenn er morgens auf- stand, zog er die Uniform an und legte den Orden pour le mérite um den Hals. Saß er am Schreibtische, so knöpfte er wohl den Rock auf und klappte den steifen, unbequemen Kragen herunter. Sobald er sich aber erhob, um ans Fenster zu treten, etwa wenn Truppen vorüberzogen, schlug er den Kragen hoch, knöpfte den Rock zu und strich den Orden heraus. Dann erst zeigte er sich, in Anzug und Haltung, wie es der Dienst vorschrieb. Am frühen Nachmittage pflegte er auf eine Stunde in den Tier- garten spazieren zu fahren, von einem Flügeladjutanten begleitet. Er saß auch bei rauhem Wetter im offenen Wagen, der gewöhnlich mit zwei Rappen bespannt war. Es gab manchen, der schönere Pferde besaß, glänzenderes Geschirr und einen Wagen von gefälligerem und neuerem Bau. Nach alledem fragte der Kaiser nichts, er liebte auch hierin, wie in allen Dingen das Einfache. So war es auch mit seiner Tafel bestellt, wenn er allein speiste, wenige, kräftige Gerichte genügten ihm. Bis ins späte Alter verbrachte der Kaiser gern einen Abend oder wenigstens eine Stunde des Abends im Theater. Die großen Hoffeste uno Breidenstein, Miitelschullesebuch Ii. 17
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