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1. Neuntes Schuljahr - S. 235

1912 - Halle a.S. : Schroedel
235 den fernen Gestaden der Ostsee kommen, wo er unter ähnlichen klima- tischen Verhältnissen so vortrefflich gedieh, und säete ihn hier mit gleichem Erfolge. Bald sah man an Stelle der frühern kahlen und stei- nigen Hänge jetzt freundliche Wiesenflächen, wechselnd mit einträg- lichen Ackerstücken. Auch den Obstbau* führte er ein, und wenn auch Walnuß und Kirsche nicht gedeihen wollten, so sah man doch allmählich an den meisten Hütten einige junge Bäumchen emporwachsen. Das Aussehen der Hütten selbst ward freundlicher, und schon von ferne hörte man das Sausen der Webstühle, das Schnurren der Spinnräder aus dem Steintale. Das waren alles die Verdienste des treuen Pfarrers, dessen segens- reiche Tätigkeit mit jedem Tage sichtbarer vor Augen trat. Wer möchte alle die wohltätigen Einrichtungen aufzählen, mit welchen er den redlichen Arbeiter förderte, dem Notleidenden aufhalf, den Müßig- gänger zum ehrenhaften Broterwerbe nötigte, wie die von ihm ins Leben gerufene Darlehnskasse, die Spar- und Armenkassen, die Anweisung zur Erlernung von Handwerken, die er jungen Leuten seiner Gemeinde in Straßburg erteilen ließ, und des Guten mehr. 7. Bald machte sich das Bedürfnis eines Verkehrs mit der Außen- welt fühlbar. Die einzige Straße, auf welcher ein Fuhrwerk aus dem Steintale nach Schirmeck gelangen und dort die Landstraße nach Straßburg erreichen konnte, war das Flußbett des wilden Hochgebirgs- wassers, der Breusch. Die Bauern sahen die Notwendigkeit einer Fahr- straße wohl ein. Als aber Oberlin ihnen zumutete, auch hierfür selbst Sorge zu tragen, meinten sie, daß ein solches Unternehmen doch über ihre Kräfte hinausginge. Da nahm der Pfarrer eines Morgens Spaten und Pickelhaue zur Hand, ging in Begleitung seines einzigen Dieners hinaus und begann zu arbeiten, und siehe, das Beispiel des Pfarrers wirkte, viele Bauern ergriffen ihr Arbeitszeug, Schaufel, Hacke, Brech- eisen, und folgten ihm. Jeder ward an einem bestimmten Platz ange- stellt; für sich selbst nahm Oberlin die beschwerlichste Arbeit in An- spruch. So ward geschaufelt und gegraben bis gegen Mittag und dann nach einer kurzen Pause wieder weiter bis zum Abend. Am folgenden Tage war das Arbeiterhäuflein schon gewachsen, und bald stellten sich ihrer so viele, daß Oberlin schon neue Werkzeuge aus Straßburg be- schaffen mußte. Nach einigen Monaten zog sich über den sonst unzu- gänglichen Felsboden eine bequeme Fahrstraße; ja selbst eine feste Brücke ward über die Breusch gebaut, von der sich der Name der Liebes- brücke auch auf die später an ihrer Stelle neuerbaute übertragen hat. Nunmehr konnten die Bauern ihre Landeserzeugnisse in andre Gegenden zum Verkauf ausführen, und die Kartoffel des Steintals ward auf dem Straßburger Markte besonders gern gekauft.
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