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1. Siebentes und achtes Schuljahr - S. 32

1912 - Halle a.S. : Schroedel
32 24. Das Heidehaus. 1. Eine gute Wegstunde von dem Rotzberge stand ein Haus oder vielmehr eine weitläufige Hütte. Sie stand am Rande der Heide, weit- ab jeder Stratze menschlichen Verkehrs; sie stand ganz allein, und das Land um sie war selber wie eine Heide, nur anders als die, auf der der Knabe Felix die Ziegen hütete. Das Haus war ganz aus Holz. fatzte zwei Stuben und ein Hinterstübchen, alles mit mächtigen braun- schwarzen Tragebalken, dran manch Festkrüglein hing, mit schönen Trink- sprüchen gemalt. Die Fenster, licht und geräumig, sahen auf die Heide, und das Haus war umgeben von dem Stalle, Schuppen und der Scheune. Es war auch ein Eärtlein vor demselben, worin Gemüse wuchs, ein Ho- lunderstrauch und ein alter Apfelbaum standen — weiter ab waren noch drei Kirschbäume und unansehnliche Pflaumensträuche. Ein Brunnen slotz vor dem Hause, kühl, aber sparsam; er flotz von dem hohen, starken Holzschafte in eine Kufe nieder, die aus einem einzigen Heidesteine ge- hauen war. 2. In diesem Hause war es sehr einsam geworden; es wohnten nur ein alter Vater und eine alte Mutter darinnen und eine noch ältere Erotzmutter — und alle waren sie traurig; denn er war fortgezogen, weit in die Fremde, der das Haus mit seiner jugendlichen Gestalt belebt hatte, und der die Freude aller war. Freilich spielte noch ein kleines Schwesterlein an der Türschwelle, aber sie war noch gar zu klein und noch zu töricht; denn sie fragte wenig, wann der Bruder Felix wiederkommen werde. Weil der Vater Feld und Wiese besorgen nutzte, so war ein andrer Ziegenknabe genommen worden; allein dieser legte auf der Heide Vogelschlingen, trieb immer sehr frühe nach Hause und schlief gleich nach dem Abendessen ein. Alle Wesen auf der Heide trauerten um den schönen, lockigen Knaben, der von ihnen fortgezogen. 3. Es war ein traurig schöner Tag gewesen, an dem er fortgegangen war. Sein Vater war ein verständig stiller Mann, der ihm nie ein Scheltwort gegeben hatte, und seine Mutter liebte ihn wie ihren Augapfel. — Von seinen Eltern hatte er keinen Widerstand zu erfahren, als er den Entschlutz aussprach, in die Welt zu gehen, weil er durchaus nicht mehr zu Hause zu bleiben vermöge. Noch eine Person nutzte gefragt werden, nicht von den Eltern, von ihm, die Erotzmutter. Er liebte sie zwar nicht so wie die Mutter, sondern ehrte und scheute sie vielmehr. Weit über die Grenzen des menschlichen Lebens schon hinausgeschritten, satz sie wie ein Schatten hinten am Hause int Garten an der Sonne, ewig einsam und ewig allein in der Gesellschaft ihrer Toten und zurückspinnend an ihrer innern, ewig langen Geschichte.
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