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1. Teil 4 - S. 111

1912 - Hannover : Norddt. Verl.-Anst. Goedel
111 wo Friedrich seiner Gemahlin ein schloß erbauen und einen Lustpark anlegen ließ, die Erinnerungen an die Spaziergänge und Gespräche der „philosophischen Königin", hier sah sie die französischen Réfugiés Lenfant, Beausobre, wie den welterfahrenen Jesuiten Vota und den Freigeist Eoland, den flüchtigen Irländer,' sie fand Gefallen in der Unterhaltung mit ihnen, oder sie folgte mit Aufmerksamkeit den religiösen Streitgesprächen, die in ihrer Gegenwart und gleichsam unter ihrem Schutze geführt wurden; denn Sophie Lharlotte besaß jene auf der Verbindung von Schönheit und Geist beruhende natürliche Würde, die zugleich zur freien, zwanglosen Russprache anregt und doch besänftigend und mäßigend auf den Strom der Unterhaltung wirkt. Mochte dann der Jesuitenpater mit dem heiligen Eifer, der ihm so wohl ansland, für den Primat des Papstes und die Einheit der Kirche eintreten, mochten Lenfant und Beausobre ihm gegenüber mit freimütiger Offenheit ihre evangelische Ruffassung von den Schriften der Kirchenväter darlegen — immer nahmen die Gespräche einen edlen, würdigen Verlauf. hier in Sietzenburg empfing sie auch die Besuche des Philosophen Leibniz, den sie schon.am Hofe ihrer Eltern in Hannover schätzen gelernt und mit dem sie bereits seit 1690 in lebhaftem Briefwechsel gestanden. Die Unterhaltungen mit ihm, die sich über die ernstesten Rätsel des Lebens ausbreiteten, gewährten ihr einen außerordentlichen Genuß. „Glauben Sie nicht," schrieb sie ihm gleich nach Beendigung der Krönungs- feierlichkeiten, „daß ich diese Größe, von der man soviel Rufhebens macht, unseren philosophischen Unterhaltungen vorziehe." Und an ihre Hofdame, Fräulein von pöllnitz, schrieb sie ein andermal (7. Rugust 1702): „Ich liebe diesen Mann; aber ich möchte mich fast darüber betrüben, daß er alles mit mir so oberflächlich behandelt. Er setzt Mißtrauen in meinen Geist; denn er antwortet mir selten mit Schärfe über die Gegenstände, welche ich anrege.... Neulich hielt er mir eine Rbhandlung über das unendlich Kleine, — wer weiß besser als ich, wie es sich damit verhält!" ------Und Leibniz wieder schreibt einmal an seine fraglustige Freundin: „Es ist nicht möglich, Sie zufriedenzustellen, Sie wollen das warum vom Warum wissen". Es war das Verdienst Sophie Tharlottenz, daß sie feinere Sitten in die Gesellschaft einführte, denn es sah damit bei allem Zeremoniell am Hofe Friedrichs zu Rnfang seiner Regierung noch übel genug aus. Zu den beliebten Vergnügungen des Hofes während der ersten Regierungs- zeit des Kurfürsten gehörten die sogenannten „wirtschaften", Maskeraden, bei denen der Fürst und seine Gemahlin als Wirt und Wirtin auftraten und die Gäste in der Darstellung mythologischer, historischer oder phan- tastischer Figuren Gelegenheit fanden, eine große Kleiderpracht zu entfalten. Öfters übernahm eine der Masken die Rufgabe, die andern der Reihe nach in Sinngedichten anzureden und ihnen eine Schmeichelei oder eine Rnzüglichkeit zu sagen. So erhielt bei einer Wirtschaft vanckelmann die Rolle eines Scherenschleifers, der, da ihm nicht genug Scheren zum Schleifen gegeben worden, sich daran macht, Menschen zu schleifen. Die
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