1912 -
Hannover
: Norddt. Verl.-Anst. Goedel
- Autor: Kippenberg, August, Rosteutscher, Waldemar
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mädchenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mädchenmittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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Wohlstand und Macht", das lehrt uns das Emporkommen gerade dieses
Nordens unseres Vaterlandes aus den früheren ärmlichen Zuständen
besonders vernehmlich. Dem Wirtschaftsfortschritt dieses Raumes vor
allem, gar nicht bloß der politischen Vorrangstellung Preußens ist es bei-
zumessen, daß das Schwergewicht des neudeutschen Reiches im Nordosten
liegt. Bis tief ins Mittelalter konzentrierte sich das geistige Leben, das
Rufblühen größerer Gemeinwesen hauptsächlich auf den Südwesten
Deutschlands. Nunmehr ist die Pflege von Runst und Wissenschaft bis
in unsere östlichsten Grenzmarken vorgedrungen, und große wie mittlere
Städte sind über unser ganzes Tiefland verteilt. Sie ordnen sich namentlich
in drei Reihen. Eine verfolgen wir von Rachen über Leipzig bis ins
Vorland der Sudeten,- sie hält sich in der Nähe des Gebirgsfußes, wo
der Boden der Niederung tonhaltiger, deshalb fruchtbarer ist, und nutzt
den Marktvorteil aus, wie er sich überall darbietet durch den Erzeugungs-
gegensatz zwischen Gebirge und Ebene. Eine zweite fällt in die große
mittlere Verkehrsachse, die zugleich ein Stück der gesamteuropäischen von
Paris über Moskau ausmacht: sie besteht vorzugsweise aus Brückenorten
wie das steinalte, doch ewig jugendfrische Röln, Hannover, Magdeburg,
der natürliche Hauptmittelpunkt des Verkehrs der Nordostniederung Berlin,
ferner Frankfurt a. 0., Posen. Die dritte befaßt die Rüstenstädte, die
erst durch den Raiser Wilhelm-Ranal an einen einheitlichen, rein deutschen
Schiffahrtsweg gelangten. Sie waren zum guten Teil schon zur Hansezeit
Deutschlands Stolz als Organe seines Überseehandels nach England,
Skandinavien, Rußland. Bei vorzugsweiser Richtung dieses Seeverkehrs
über das Baltische Meer mußte Lübeck das Venedig des Hansebundes
werden. Nun schaut unser weltumspannend gewordener Handel natur-
gemäß zumeist gen Nordwest, wo an Weser und Elbe die beiden Freien
Hansestädte Bremen und Hamburg durch ihre tatkräftigen Bürgerschaften
zu ersten Handelshäfen des europäischen Festlandes sich entwickelten, was
wäre Deutschland ohne Bremen und Hamburg! Rber auch was wären
diese ohne Deutschland mit seiner riesenhaften Rrbeitsleistung, mit seinem
machtvollen Reichsschutz!
wir Deutsche im Reich gehören eben zusammen, nicht bloß durch
uralte oder erst auf diesem Boden geknüpfte Verwandtschaftsbande und
eine mehr denn tausendjährige gemeinsame Geschichte, nein vor allem
durch unser Vaterland. Das haben wir zu Nutz und Frommen friedlichen
Schaffens gemeinsam zu schirmen durch unser starkes Heer, und an der
allertreuesten unserer Grenzen, an der Rüste, durch unsere endlich erlangte,
zugleich der Rauffahrerftotte unter schwarz-weiß-roter Flagge auf allen
Meeren der Welt als Schild dienende herrliche Rriegsflotte. Rber dies
Vaterland fordert nicht bloß unser einmütiges Zusammenhalten als die
nötige Schutzseste unseres Daseins. Es heischt auch unsere Dankbarkeit.
Ihm danken wir wertvolle Einheitszüge unseres Wesens, hinter denen
alle kleinen Stammessonderungen zurücktreten: die ernste Zucht zu Rrbeit,
Sparsamkeit und guter Sitte, den gemeinsamen Pulsschlag eines treuen
Herzens. Klfred Kirchhofs.