1912 -
Hannover
: Norddt. Verl.-Anst. Goedel
- Autor: Kippenberg, August, Rosteutscher, Waldemar
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mädchenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mädchenmittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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Tag über was Besonderes vorging; die Menge schien nur da zu sein, um
sich zu drängen, und die Zuschauer, um sich untereinander zu betrachten;
denn das, woraus es eigentlich ankam, ereignete sich erst mit sinkender
Nacht und wurde mehr geglaubt als mit Bugen gesehen.
In jenen ältern unruhigen Zeiten nämlich, wo ein jeder nach Belieben
unrecht tat oder nach Lust das Rechte beförderte, wurden die auf die
Messen ziehenden Handelsleute von Wegelagerern, edlen und unedlen
Geschlechts, willkürlich geplagt und geplackt, so daß Fürsten und andere
mächtige Stände die Ihrigen mit gewaffneter Hand bis nach Frankfurt
geleiten ließen, hier wollten nun aber die Reichsstädter sich selbst und
ihrem Gebiet nichts vergeben; sie zogen den Rnkömmlingen entgegen.
Da gab es denn manchmal Streitigkeiten, wie weit jene Geleitenden
herankommen, oder ob sie wohl gar ihren Eintritt in die Stadt nehmen
könnten.
Unterdessen ritt die bürgerliche Raoallerie in mehreren Rbteilungen,
mit den Oberhäuptern an ihrer Spitze, an jenen Tagen zu verschiedenen
Toren hinaus, fand an einer gewissen Stelle einige Reiter oder Husaren
der zum Geleit berechtigten Reichsstände, die nebst ihren Rnführern wohl
empfangen und bewirtet wurden; man zögerte bis gegen Rbend und
ritt alsdann, kaum von der wartenden Menge gesehen, zur Stadt herein.
Zu dem Brückentore kamen die bedeutendsten Züge herein, und deswegen
war der Rndrang dorthin am stärksten. Ganz zuletzt und mit sinkender
Nacht langte der auf gleiche weise geleitete Nürnberger Postwagen an,
und man trug sich mit der Rede, es müsse jederzeit, dem herkommen gemäß,
eine alte Frau darin sitzen, weshalb denn die Straßenjungen bei Rnkunft
des Wagens in ein gellendes Geschrei auszubrechen pflegten, ob man
gleich die im wagen sitzenden Passagiere keineswegs mehr unterscheiden
konnte. Unglaublich und wirklich die Sinne verwirrend war der Drang
der Menge, die in diesem Rugenblick durch das Brückentor herein dem
wagen nachstürzte; deswegen auch die nächsten Häuser von den Zuschauern
am meisten gesucht wurden. Johann Wolfgang v. Goethe.
178. Weinlese am Rhein.
^^^Der Spätherbst zieht heran, die eigentliche Erntezeit am Rheine,
yglllll die Zeit, in der hier ein doppeltes Leben, ja, eine neue
Zeitrechnung beginnt; denn aller Wohlstand des Landes, alle
Behaglichkeit des bürgerlichen Seins und Verkehrs erwächst dem Rheinland
aus den Erträgnissen des herbstes.
Rm ganzen Rhein wird der Beginn der Traubenlese, zwischen Rnfang
Oktober und Ende November, je nach der Traubenreife wechselnd, von
dem Grtsvorstande in Gemeinschaft mit den größeren Besitzern aus einen
bestimmten Tag festgesetzt. Zeigen sich die Traubenstiele trocken und