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1. (Achtes und neuntes Schuljahr) - S. 164

1913 - Frankfurt am Main : Diesterweg
164 noch ein paar Stündchen zu schlummern; denn in der nächsten Nacht wird wenig an Schlaf zu denken sein. Dann geht es um Skagen und durch das gefürchtete Kattegatt, und er kann das Deck nicht verlassen, während er es bei Tage seinem bewährten Ober- torpeder wohl anvertrauen darf. Schon beginnen seine Oedanken zu verschwimmen; da schnellt er plötzlich von seinem Lager empor. Ein Schrei hat ihn geweckt. Im selben Augenblicke stoppt auch die Maschine, und über seinem Kopfe hört er die Schritte von hin und her laufenden Menschen. Er stürmt an Deck. „Was ist vorgefallen?" ruft er mit gepreßter Stimme. „Mann über Bord!“ lautet die Antwort, jener schaurige Ruf an Bord, der alle Herzen erzittern läßt. Der Kommandant braucht keine weiteren Befehle zu erteilen; der umsichtige Obertorpeder hat bereits die richtigen gegeben. Im Augenblicke, wo der Mann auf dem schlüpfrigen, nur von einem Strecktau umzogenen Deck ausglitt und über Bord fiel, flog ihm auch schon die stets klar hängende Rettungsboje zu, die einen Verunglückten bis zur Brust über Wasser hält. Ohne weiteren Befehl stürzte die Besatzung zu dem auf dem Deck liegenden Boote, um es blitzschnell zu lösen und mit nervigem Arm über Bord zu schieben, während ein Unteroffizier und ein zweiter Mann auf den Kommando- und den Steuerturm sprangen, um den Verunglückten mit den Augen zu verfolgen und dem nacheilenden Boote die Richtung anzugeben. Es dauert keine Minute, bis das letztere zu Wasser gebracht ist und abstößt; aber trotz des kräftigen Rückwärts- schlagens der Schraube ist das Torpedoboot bei seiner rasenden Fahrt noch Hunderte von Schritten vorausgeschossen, ehe es zum Stillstände gebracht werden konnte. Aller Augen spähen nach dem Mann; er ist verschwunden, und das Herz krampst sich zusammen. „Ich sehe ihn, ich sehe ihn!“ ruft freudig der Obertorpeder und zeigt mit ausgestrecktem Arm, wohin die Leute im Boote zu rudern haben. „Er hat die Boje!“ ergänzt er seine Meldung; alle atmen tief auf. Gott sei Dank! Diesmal ist das drohende Unheil noch glücklich abgewendet worden, und ein jubelndes Hurra begrüßt den Augenblick, in dem der Ver- lorengeglaubte vom Boote geborgen wird. Das Torpedoboot dampft ihm entgegen, und bald befindet er sich an Bord, freilich fast erstarrt in dem eisigen Wasser; aber ein Glas heißen Grogs setzt sein Blut in die nötige Wallung und bringt ihn schnell wieder auf die Beine.
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