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1. (Achtes und neuntes Schuljahr) - S. 197

1913 - Frankfurt am Main : Diesterweg
scharen der streitenden Kirche des Klosters Mitglieder, Priester und Diakonen. Das Amt des Vorlesers vor dem Imbiß stand in dieser Woche bei Ekkehard dem Pförtner. Der Herzogin zu Ehren hatte er den 44. Psalm erkoren; er trat auf und sprach einleitend: „Herr, öffne meine Lippen, auf daß mein Mund dein Lob verkünde", und alle sprachen^ ihm murmelnd nach, als Segen zu seiner Lesung. Nun erhob er seine Stimme und las den Psalm, den die Schrift selbst einen lieblichen Gesang nennt. Darauf begann die Mahlzeit. Der Küchenmeister, wohl wissend, wie bei Ankunft fremder Gäste Erweiterung der schmalen Kloster- kost gestattet sei, hatte es nicht beim üblichen Mus von Hülsen- früchten bewenden lassen. Wohl erschien zuerst ein dampfender Hirsebrei, auf daß, wer gewissenhaft bei der Regel bleiben wollte, sich daran sättige. Aber Schüssel auf Schüssel folgte; bei mächtigem Hirschziemer fehlte der Bärenschinken nicht; sogar der Biber vom oberen Fischteich hatte sein Leben lassen müssen. Fasanen, Reb- hühner, Turteltauben und des Vogelherdes kleinere Ausbeute folgten; der Fische aber eine unendliche Auswahl, so daß schließlich ein jedes Getier, watendes, fliegendes, schwimmendes und kriechendes, auf der Klostertafel seine Vertretung fand. Als der stattliche Nachtisch, auf dem Pfirsiche, Melonen und trockene Feigen geprangt hatten, verzehrt war, mußte wieder — so wollte es des Ordens Regel — zur Erbauung der Gemüter ein Abschnitt aus der Schrift oder dem Leben heiliger Väter gelesen werden. Darum las Ekkehard ein Stück aus dem Leben des heiligen Benediktus, das der Papst Gregorius verfaßt. Dann brachte der eine Laute, jener ein Geiglein, worauf nur eine Saite gespannt, ein anderer eine Art Hackebrett mit eingeschlagenen Metallstiften, zu deren Anschlag ein Stimmschlüssel dienlich war, wiederum ein anderer eine kleine zehnsaitige Harfe; Psalter hießen sie das seltsam geformte Instrument und sahen in seiner dreieckigen Gestalt das Symbol der Dreieinigkeit. Und dem Tutilo reichten sie einen dunklen Taktstab von Ebenholz. Lächelnd erhob sich der graue Künstler und gab ihnen das Zeichen zu einer Musika, die er selbst in jungen Tagen aufgesetzt; mit Freudigkeit hörten’s die anderen. Zu unterst am Tische saß ein stiller Gast mit blaßgelbem Ge- sichte und sch warzkrausem Gelock; er war aus Welschland gekommen und hatte von des Klosters Gütern im Lombardischen die Saumtiere
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