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1. (Achtes und neuntes Schuljahr) - S. 275

1913 - Frankfurt am Main : Diesterweg
275 antwortete Napoleon. Und wieder der Kanzler: „Aber wer vertritt dann Ihrer Ansicht zufolge gegenwärtig die Staatsgewalt Frankreichs?" Worauf Napoleon: „Die in Paris bestehende Regierung." Derweil hatte sich, durch Bismarck benachrichtigt, auch Moltke in dem Weber- häuschen eingefunden, vernahm die Wünsche des Gefangenen und ging wieder weg, um dieselben — „aber ohne sie zu befürworten" — dem König zu überbringen, zu welchem er sich nach Vendresse begab. Das Ergebnis dieser Sendung war, daß der deutsche Bundesfeldherr er- klärte, den gefangenen Kaiser erst dann sehen zu wollen, wenn die Kapitulation unterzeichnet wäre. Des Aufenthalts in der engen, dumpfen Stube überdrüssig, hatten sich inzwischen der Kanzler und Napoleon vor das Haus begeben und setzten auf einer Bank vor der Haustür ihr Gespräch fort, das zu Bismarcks geringem Behagen immer wieder daraus zurückkam, ob es nicht möglich wäre, die französische Armee schonender zu behandeln, sie etwa über die Grenze Belgiens gehen, dort entwaffnen und internieren zu lassen. Die Franzosen, welche mit Napoleon gekommen, saßen derweil am Abhang des kleinen Hügels auf dem Boden. Der gefangene Kaiser sprach kein Wort mit ihnen, sondern trat, als der Kanzler aufgestanden, um Meldungen zu empfangen und Befehle zu geben, in das Kartoffelgärtchen nebenan und ging da hin und her, Rauchwolken aus seinem Glimmstengel blasend. Mittlerweile war für die Unterkunft des Gefangenen in den nächsten Stunden Vorsorge getroffen und ein Trupp von preußischen Leib- kürassieren herbeigeholt worden, ihm das Geleite zu geben, zunächst hinüber zu dem Schlößchen Bellevue, das links der von Donchery nach Sedan führenden Straße gelegen ist. Hierher begab sich auch der Kanzler und ebenso Moltke, der den um 8 Uhr morgens von Ven- dresse aufgebrochenen Bundesfeldherrn unterwegs getroffen, ihm den Kapitulationsentwurf vorgelegt und die königliche Zustimmung erlangt hatte. Auch der General Wimpffen, der um 10 Uhr von Sedan her- geritten kam, wurde nach dem Schlößchen gewiesen. Als er daselbst angekommen, sah er den Wagen des gefangenen Kaisers vor dem schmalen Mittelgebäude vorfahren. Der General grüßte Napoleon und fragte: „Sire, was haben Sie erreicht?" — „Nichts. Ich habe den König noch gar nicht gesehen." — „Dann ist es die höchste Zeit, daß ich die Kapitulation zum Abschluß bringe." Damit trat er in das Zimmer, wo Bismarck und Moltke ihn erwarteten. Der Kapitulationsentwurf, wie ihn die Sieger aufgesetzt hatten, wurde vorgebracht und von Moltke 18*
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