1913 -
Frankfurt am Main
: Diesterweg
- Autor: Breidenstein, Heinrich
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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Kopfe eine hohe schwarze Mütze, die einem Bischosshute ähnlich ist.
Tie ausdrucksvollen Gesichter, oft mit schön gebogenen Adlernasen,
bekunden Tatkraft und Klugheit. Tie Parsi sind sparsam und genügsam
und haben in ähnlicher Weise wie bei uns die Juden die großen
Kapitalien in ihren Händen zu vereinigen gewußt. Viele der reichsten
Kaufleute von Bombay sind Parsi; außerdem haben viele sich als
Gastwirte, Schifssbauer, Mechaniker und Techniker besondern Ruf
erworben. Ihr Familienleben und ihre häuslichen Tugenden werden
sehr gerühmt. Tie Parsi-Frauen sind meist stattlich und hoch gewachsen;
ihre Hautfarbe ist gelblich. Haare und Augen sind tiefschwarz. Auch
ihr Gesichtsausdruck zeigt wie der der Männer kraftvollen und klugen
Sinn. Ihre Kleidung besteht aus langen Gewändern von einfachen, aber
leuchtenden Farben, wie grün, rot, gelb usw. Die Kinder der reichen
Parsi sieht man häufig in gold- und silbergestickten Kleidern spazieren-
fähren. Viele Parsi wohnen in stattlichen Landhäusern; sie legen viel
Wert auf schöne Gärten und erregen oft durch die guten Verhältnisse,
in denen sie leben, den Neid manches Europäers. Dabei zeichnen sich die
reichen Parsi durch lobenswerten Gemeinsinn aus. Viele haben nützliche
oder wohltätige Anstalten gegründet; einige von ihnen sind von der
englischen Regierung in Anerkennung ihrer Verdienste zu Baronets
erhoben worden.
Nicht wenig trägt zu der Tüchtigkeit der Parsi bei, daß ihre Religion,,
die Lehre Zoroasters, eine der reinsten Formen der Naturreligionen ist..
Sie ist aus die Verehrung der schaffenden und erhaltenden Elemente
gegründet. Unter diesen gebührt der Vorzug dem Lichte und der Wärme
der schaffenden Sonne, des Urquells alles organischen Lebens unserer
Erde, und deren Abbilde, dem Feuer. Daher begegnen wir beim Auf-
und beim Untergange der Sonne am Meeresstrand von Bombay zahl-
reichen frommen Parsi, die, stehend oder aus ausgebreitetem Teppiche
kniend, dem kommenden wie dem scheidenden Tagesgestirn ihre Verehrung
betend bezeugen. Ich habe selber den Religionsübungen keines Volkes
mit mehr Interesse zugeschaut als denjenigen der Sonnen- oder Feuer-
anbeter. Die Religionsübungen der Parsi sind übrigens höchst einfach
und zum Teile auf zweckmäßige Grundsätze für die Erhaltung der Gesund-
heit gegründet; dahin gehören die Vorschriften für Speise und Trank
und das Gebot zahlreicher Waschungen. Ihr kräftiger Körper erfreut
sich daher auch meist einer trefflichen Gesundheit, und die munteren,
lebhaften Kinder der Parsi machen in Bombay einen weit bessern Eindruck