1913 -
Frankfurt am Main
: Diesterweg
- Autor: Breidenstein, Heinrich
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
mit den Füßen, daß der Boden dröhnt, greift mit dem Rüssel vor- und
rückwärts, um den kühnen Reiter oder einen seiner Peiniger zu fassen,
wirbelt den Staub in die Höhe und brüllt dabei, daß einem Hören
und Sehen vergeht. Bald jedoch sieht der Elefant die Nutzlosigkeit
dieses Gebarens ein und besänftigt sich allmählich nach Verlauf von
fünf bis zehn Minuten. So geht es von einem zum andern, bis sie
sich widerstandslos fügen und den Reiter tragen.
Bei diesem wilden Zerren und Reißen kommt es aber oft vor,
daß das Seil am Bein tief einschneidet und es verwundet, weshalb
die Schlinge anderweitig angelegt werden muß. Dabei nimmt man
drei zahme Elefanten zu Hilfe. Zwei stellen sich rechts und links von
dem Patienten auf, gegen den Kopf die Spitze bildend, während der
dritte sich quer hinter ihn stellt, so daß er in dem lebendigen Dreieck
gefangen steht. Auf einen Ruf des Treibers rücken sie von allen drei
Seiten so nah zusammen, daß der Eingeklemmte sich nicht rühren kann.
In diesem Augenblick kriecht der Wärter mit außerordentlicher Gewandt-
heit unter ihnen durch und befestigt das Seil an ein gesundes Bein.
Aber aufpassen muß er, daß er unter den sechzehn Beinen das richtige
erwischt. Alle Tage wurden die Elefanten zum Baden in den nahen
Fluß geführt. Da geschah es einmal, daß es einem zu wohl wurde
im Wasser und er nicht mehr heraus wollte. Alles Zureden und Rufen
half nichts. Schließlich wurde ein Zahmer hineingeschickt, der versetzte
dem Ungehorsamen einen nicht eben gelinden Stoß von hinten, woraus
dieser sofort das Ufer suchte und sich willig heimführen ließ. Ein andres
Mal wollte ein Palmbauer auf eine Palme klettern, um den Palmwein
zu holen. Aber o weh! ein Elefant war an den Baum angebunden, und
so oft der Mann sich nähern wollte, so oft suchte er ihn mit dem
Rüssel zu fassen. Alles war umsonst, bis ein Treiber schließlich einen
zahmen Elefanten rief. Der stellte sich gerade vor den Unartigen aus,
welcher nun ganz ruhig blieb und den Mann ungehindert seinen Palm-
wein holen ließ. Überhaupt haben die wilden Gesellen vor ihren zahmen
Kameraden großen Respekt und folgen ihnen unbedingt. Es sind aber
auch immer ausgewachsene Prachtexemplare, den andern an Größe und
Stärke überlegen, die man zum Zähmen und Abrichten benützt.
Nach zwei Monaten etwa ist der Elefant so weit gebändigt, daß
der Treiber ihn allein führen kann. Nach weitern ein bis zwei Monaten
kann er zur Arbeit benützt werden. Zu bald darf das nicht geschehen.
Es soll schon öfter den plötzlichen Tod eines Tieres zur Folge gehabt