1911 -
Hannover [u.a.]
: Carl Meyer (Gustav Prior)
- Autor: Koch, Hermann
- Hrsg.: Kappey, Heinrich
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten, Volksschule, Mittelschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Mittelschule, Gehobene evangelische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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und unterhalb Neuwied an den Rhein stößt. Gegen tausend Wacht-
türme und 80 Kastelle schützten diesen Limes, der anfangs kriege-
rischen Zwecken, später aber als Zollgrenze diente.
4. Bis um die Mitte des 3. Jahrhunderts mag die Saalburg mit
ihren Nachbarfesten bestanden haben. Da schleuderten die in immer
neuen Scharen vordringenden Alemannen und Franken die Brandfackel
in die eroberten Kastelle. Auch die Saalburg sank in Schutt und
Asche. Noch ehe das 4. Jahrhundert anbrach, deckten Gestrüpp und
junger Baumwuchs die Trümmer der Römerfeste. Sie blieb versunken
und vergessen, bis um die Mitte des 18. Jahrhunderts die ersten Aus-
grabungen vorgenommen wurden. Die schön behauenen Quader
boten zeitweilig den nahegelegenen Ortschaften, vornehmlich Hom-
burg, willkommenes Baumaterial. Hundert Jahre später wurden die
wichtigsten Baulichkeiten der ganzen Anlage ausgegraben, die von da
an von Fremden oft besucht wurde. Kaiser Wilhelm I. kam oft zur
Saalburg, ebenso der Kronprinz Friedrich Wilhelm, der mit seinen
Söhnen wiederholt den Ausgrabungen beiwohnte.
Die gemachten Funde sind so zahlreich, daß sie ein ganzes
Museum mit mehr als 10 000 Nummern füllen. Sie sind deshalb so
wertvoll, weil sie ein deutliches und abgeschlossenes Bild von dem
Leben in einem römischen Grenzkastell, zugleich aber auch von der
gewaltigen kolonisatorischen Tätigkeit des Römervolkes geben. Alle
diese Kastelle und Ansiedlungen an der Grenze des römischen Rei-
ches sind wichtige Pflanzstätten für die Kultur der unterworfenen
und anwohnenden Völker geworden. Jede Art von Handwerk wurde
auf eine höhere Stufe der Entwicklung gebracht; es sei nur an die
Töpferei, die Tischlerei, die Schneiderkunst erinnert. Die Verwen-
dung des Steins zu kunstvollen Bauten ist römisches Erbe. Aus den
römischen Lagerorten sind germanische Städte geworden — man denke
an Mainz, Xanten, Frankfurt, Wiesbaden, Köln, Straßburg.
Hoch auf dem Taunuskamm, von dem einst der römische Adler
siegesstolz hinunter ins Germanenland schaute, hat Kaiser Wilhelm Ii.
den Römerbau wieder aufrichten lassen. Er selbst hat den Grund-
stein gelegt mit den bedeutungsvollen Worten: „So weihe ich diesen
Stein mit dem ersten Schlage der Erinnerung an Kaiser Friedrich Iii.,
mit dem zweiten der deutschen Jugend, den heranwachsenden Ge-
schlechtern, die hier in dem neuerstandenen Museum lernen mögen,
was ein Weltreich bedeutet, und zum dritten der Zukunft unseres
deutschen Vaterlandes, dem es beschieden sein möge, in künftigen
Zeiten durch die einheitliche Zusammenwirkung der Fürsten und Völ-
ker, von ihren Heeren und Bürgern, so gewaltig, so fest geeint und
so maßgebend zu sein,'wie es einst das römische Weltreich war, damit