1911 -
Hannover [u.a.]
: Carl Meyer (Gustav Prior)
- Autor: Koch, Hermann
- Hrsg.: Kappey, Heinrich
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten, Volksschule, Mittelschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Mittelschule, Gehobene evangelische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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Sprüchen geziert, und solch ein Erker erscheint dann am Hause, wie
das Chor in der Kirche, als das schmuckreichste Heiligtum.
4. Am frühesten aber entwickelte sich die Pracht der Bau-
kunst an den öffentlichen Gebäuden. Denn zwischen Hütten und
Strohdächern erhoben sich kunstvolle, riesige Bauten, die Gemeinde-
zwecken dienten, Rathäuser und Kirchen. Je mehr sich der Wohl-
stand und das Behagen der Städte im vierzehnten Jahrhundert
steigerte, desto mehr wetteiferten sie, mit Stolz zu zeigen, was Geld
und Arbeit vermöge. Es bildeten sich enggeschlossene Verbindungen
der Baugewerkleute, namentlich der Maurer und der Steinmetzen,
die sogenannten Bauhütten, die allmählich zu förmlichen Schulen
der Baukunst wurden. Ihre Lehre war eine geheime, außer den
Mitgliedern durfte niemand die Hütte betreten. Aber aus dem un-
glaublichen Wetteifer und dem uneigennützigen Zusammenwirken
der verschiedenen Baugewerke ging die Vollendung der gotischen
Baukunst hervor. Jede größere Stadt wollte ihren Dom haben.
Da schien die schwere Masse leicht und frei emporzusteigen; da
wuchsen die Pfeiler wie Bäume hervor und schlossen sich oben in
spitzen Bogen ab, über dem Dache aber wurden sie durch spitze, in
die Wolken ragende Türme fortgesetzt; die Fenster waren von un-
geheuerer Größe, aber das hereinbrechende Licht ward gemildert
durch kunstreiche Glasgemälde; die Erhabenheit des Ganzen endlich
barg sich in die reichsten und lieblichsten Verzierungen der Stein-
hauerarbeit, so daß die Masse sich aus unermeßlich vielen, gleichsam
lebendigen Steingewächsen aufzubauen schien. Es waren riesige
Werke, berechnet auf die frommen Beiträge vieler nacheinander
folgenden Geschlechter. Der Baumeister, welcher den Plan entworfen
hatte, sah wohl nie die Vollendung, ja, mit solcher Uneigennützig-
keit übergab er die Fortsetzung des Werkes seinen Nachfolgern,
daß wir nur in wenigen Fällen den Namen des ersten Urhebers
kennen. Das größte dieser Wunderwerke der Kunst ist der Dom
von Cöln; das indes erst 1840 bis 1880 ausgebaut ist. Ihm zunächst
kommt der Straßburger Münster, an welchem vier Jahrhunderte
lang gearbeitet worden ist.
Dabei ärgerte es den deutschen Bürger nicht, wenn zwischen
Dom und Rathaus sich vielleicht eine Wasserpfütze mit schwimmenden
Enten befand und daneben die alte Linde, die noch an eine Zeit
erinnerte, wo die Stadt noch nicht war, und wo die Waldvöglein
noch in ihren Zweigen sangen.
5. Die häusliche Einrichtung entsprach der Einfalt des Zeit-
alters. Der Hausrat, ohne Putz, war dem einfachsten Bedürfnis
gemäß und roh gearbeitet. Beim Mahle aßen Mann und Frau aus