1915 -
Leipzig [u.a.]
: B. G. Teubner (Theodor Hofmann)
- Autor: Götze, G., Hellmuth, E., Dietlein, Rudolf, Dietlein, Woldemar, Schrader, Hermann
- Hrsg.: Jenetzky, F. W.
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Paritätische Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: ABC_Lesen
194
und zum Wiederaussetzen klargelegt, so beginnt die Bearbeitung des
Fanges Sämtliche Heringe werden zuerst „gekaakt", d. h. durch einen
unterhalb der Kehle erfolgenden Einschnitt der Eingeweide beraubt (diese
selbst den Vögeln überlassen), dann sauber gespült und den Salzern über-
geben, von denen vier Mann ununterbrochen beschäftigt sind, die Heringe
in Tonnen zu packen und mit Salz zu bedecken. Diese erste „Seepackung"
wird später am Lande zur „handelsüblichen" Packung der Tonnen er-
neuert. Solange das Wetter gut bleibt, wird der Fang Tag für Tag
fortgesetzt, bis der Laderaum gefüllt ist; ein Sturm aber zwingt die
Fischer, ihre Tätigkeit zu unterbrechen oder ganz einzustellen, weil sonst
die Netze unfehlbar verloren gehen würden. Für Netzverluste aber hat
der Schiffer aufzukommen.
3. Die Dauer der Fangreisen ist recht verschieden; sie richtet sich
nach den Fangergebnissen und schwankt zwischen 18 und 36 Tagen. Im
Laufe der Fangzeit pflegen die einzelnen Logger 4 bis 6 Reisen, die
Dampfer deren 7 bis 8 auszuführen. Die Gesamtausbeute in der Nordsee
bezifferte sich deutscherseits im Jahre 1903 auf rund 200 000 Tonnen
handelsüblich gepackter Salzheringe, deren Wert auf 4 Millionen Mark
anzusetzen ist
Die Zahl der alljährlich gefangenen Heringe überhaupt ist zwar
nicht genau zu ermitteln, wird jedoch auf rund 10 000 Millionen Stück
geschätzt. Wer aber glaubt, daß bei solchen Massenfängen eine vorzeitige
Entvölkerung der Meere eintreten müsse, der irrt, denn nach den Schätzungen
Sachverständiger bedeutet diese Zahl kaum 1 Prozent der Gesamtmasse.
Im Jahre 1900 wurden amtlichen Feststellungen zufolge in den verschie-
denen nordeuropäischen Staaten Salzheringe im Werte von 67 Millionen
Mark gefangen. Deutschlands Anteil an dieser Ausbeute aber bezifferte
sich auf nur 3 Millionen, während für nicht weniger als 30 Millionen
Mark Heringe in Deutschland eingeführt wurden. Zwar hat sich die
deutsche Heringsfischerei seitdem gehoben, allein das Verhältnis zwischen
dem eigenen Fang und der fremden Einfuhr ist im wesentlichen das gleiche
geblieben. Demnach zahlt also Deutschland an das Ausland eine Summe,
die zehnmal größer ist als der Ertrag seiner eigenen Fischerei, für Heringe,
die zum Teil in der Nord- und Ostsee gefangen werden. Diese Ziffern
reden gewiß eine deutliche Sprache. Die deutsche Heringsfischerei hat noch
nicht annähernd den Umfang erreicht, den sie erreichen kann und muß,
wenn die gewaltigen Summen, die bisher für den wichtigsten aller Fische
ins Ausland stoffen, im Vaterlande bleiben sollen
C. Lund (Über Land und Meer).