1915 -
Leipzig [u.a.]
: B. G. Teubner (Theodor Hofmann)
- Autor: Götze, G., Hellmuth, E., Dietlein, Rudolf, Dietlein, Woldemar, Schrader, Hermann
- Hrsg.: Jenetzky, F. W.
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Paritätische Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: ABC_Lesen
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überfallen, zu Boden geworfen, ihnen die Augen ausgestochen und sie mit
den eigenen Waffen totgeschlagen.
vorwärts! Die Artillerie zieht nach vorn, um vor Micheroux in Stel-
lung zu gehen - wir treten ins Dorf ein. Dasselbe Bild wie gestern in herve.
hier ist der Versammlungsort der Brigade, daher kurzes halten. Und schon
beginnt der blutige Tanz. vorn, wo die vierten Jäger stehen, knallt's auf
einmal aus allen Fenstern. Der Mond hat sich hinter eine Wolkenbank ver-
krochen, es ist stockfinster. Darum sieht Man das Feuer aus den Läufen
sprühen. Nun ist der Kampf im Gange. Zwei Maschinengewehre richtet man
gegen die Häuser ... Rrrrrr Rrrrrr. Die Jäger dringen in die Fenster, holen
ein paar Kerle, ein paar Flinten heraus. Da strahlt's aus der Kirche, von
allen Fenstern, aus den Nebengassen hinein in die Kolonnen. Ts wird un-
heimlich. Ich lasse meinen Zug laden und gebe Befehl, die Fenster der neben
uns liegenden Häuser zu beobachten, wo bis jetzt tiefe Nuhe herrscht. Sekun-
den sind vergangen, da blitzt es auf uns hernieder, das ganze Dorf wütet
gegen unsern Durchzug. Das bringt Siedehitze, Wut. . . Jedes Haus wird ge-
stürmt, jeder Keller durchsucht, um die Mordbuben zu finden, wenn es doch
Tag wäre! Ts ist, als bräche das jüngste Gericht herein, Kampf gegen un-
sichtbare Feinde, Brand, Vernichtung. Schritt um Schritt wird blutig er-
stritten. Auch aus dem Bahnhofsgebäude schießen sie.
Immer noch Nacht. Das Dorf liegt hinter uns. Jetzt kommt ein anderes
Ringen, von irgendwo tobt der Feuerkampf zwischen Netinne und dem
Fort Flerou. Die Schlacht setzt ein. Man hört das Summen der Gewehr-
kugeln: fuiich, fuiich! Die Maschinengewehre mähen und mähen und da-
zwischen das Grollen der Geschütze, wir haben nicht Zeit zu Betrachtungen.
Befehl kommt. Infanterie soll vor! Da zieht sich das Bataillon nach Ketinne
heran. Die Jäger hinterher. Im Dorfe ballt sich die Truppenmasse. Da
hört man schon wieder das Zischen aus den Fenstern und sieht die Feuer-
strahlen zucken! hinein in den Soldatentod. Der Major von M. marschiert
mit mehreren Offizieren vor seinem Jägerbataillon: Alles mit, Kinder! Und
dann fängt er an: „Deutschland über alles!" Alle stimmen ein. In das Sum-
men und Knistern und Knattern klingt's wie wogendrang, das Singen un-
serer wackeren Jungen!
Der Major ist am Fuß verletzt: „wenn ich nur aushalte, bis es an
den Gegner geht!" Und so schreitet er weiter. Da konnte unser Oberst sein
Regiment in die Feuertaufe führen. Alle herzen schlagen ihm entgegen: „vor-
wärts !"
vorwärts Schritt für Schritt. An ein Entwickeln von Schützenlinien ist
hier nicht zu denken, hier muß jeder wissen: das wollen wir, das tue ich darum!
Die Regimenter find längst durcheinander, alle beherrscht ein Wille: Ran an
den Feind! Lüttich muß fallen!
An einer Dorfecke empfängt uns der General: „Kinder, unsere Kame-
raden vorn warten aus uns, kommt, ich führe euch!" Und im Sturm geht's
vorwärts. Die Belgier haben zwei Haubitzen auf die Straße geschoben, aus
denen unaufhörlich Tod und verderben sprüht ... Die haben sie genommen!
Aber wie sieht die Straße von Retinne aus! Zu Haufen lagen sie zusammen,
hier einer, dem das Blut aus dem Schädel in langer Lache floß, dort vier,